Atomkraftwerke, Kapitalismus und wir

gefunden auf indymedia.ch

Dieser Flyer wurde in und um eine Demonstration letzten Freitag, 18. März, in Zürich verteilt. Diese fand in Reaktion auf die nukleare Katastrophe in Japan statt.


Atomkraftwerke, Kapitalismus und wir

Es ist in diesem Moment äusserst wichtig Stellung zu beziehen zu der nuklearen Katastrophe in Japan.
Allerdings liegt uns nichts ferner, als dies auszuschlachten, wie das so viele sogenannte InteressensvertreterInnen vom ersten Tag an getan haben. Vielmehr gilt es im Angesicht der Ereignisse in Japan, die Frage, in was für einer Welt wir leben wollen erneut oder gar erstmal zu stellen. Es geht darum, sich mit der Welt, in der wir leben, zu konfrontieren. Und zwar im doppelten Wortsinn: Indem wir uns nämlich fragen, wie weit wir von einer Welt, in der wir gerne leben würden, entfernt sind. Und in dem Sinne, dass wir uns der aktuellen Realität entgegenstellen müssen, wenn wir eine Welt erleben wollen, in der es sich zu leben lohnt.
Es ist nämlich nicht der Wunsch, sich gemeinsam mit anderen in einer Umgebung, die einem gut tut, zu entfalten und sich gegenseitig zu untterstützen, der die Welt im innersten zusammenhält. Auch wenn sich noch so viele Menschen in diesem wiedererkennen können. Was die Erde und unsere Leben aber formt und bestimmt, ist die kapitalistische Herrschaft. Im Zentrum steht der Profit. Und zwar der Profit einiger weniger. Wir anderen schuften für sie, weil wir keine andere Möglichkeit kennen, zu überleben. So total ist der Kapitalismus durch all die Technologien geworden, die unsere Leben so sehr in ihrer Gewalt haben: Anscheinend müssen wir die Notwendigkeit des ewigen Wirtschaftswachstums anerkennen und versuchen, uns den Ansprüchen des Kapitals möglichst gut anzupassen, ansonsten verrecken wir. Nur verrecken wir eben auch wenn wir uns diesem ganzen Scheiss fügen. Viele zerbrechen an all den Zwängen, daran, dass sie ihre Leben verkaufen müssen, um zu überleben, an der Einsamkeit und der Kälte, die die aktuelle Welt mit sich bringt. Oder wie sonst sind all die Suizide, der massive Gebrauch von Psychopharmaka und unsere Unzufriedenheit zu erklären? Und wenn diese Welt uns nicht von Innern heraus zerstört, so tut sie es von aussen: Neue Technologien werden eingeführt, sobald sie Gewinn versprechen (was vielleicht bedeutet, dass sie nicht gerade sofort eine Katastrophe hervorbringen) und allfällige Zweifel von einem Heer gutbezahlter Wissenschaftler unter hypnotischen Phrasen der Beschwichtigung begraben. Seien es nun Genmanipulationen, Nanotechnologien oder Atomkraftwerke. Und selbst da reden die Experten bereits davon, diese Technologie weiter voranzutreiben. Nur müssen sie nun etwas warten, bis wir wieder dem Vergessen und der Apathie anheim gefallen sind…

Wir lassen uns aber nicht von dem heraufbeschworenen Versorgungsengpass verängstigen, den eine Abschaltung der AKW’s zur Folge hätte. Wir wollen ohnehin diese Welt nicht, in der nur die Waren und das Geld wichtig sind und nicht unsere Leben oder unsere psychische und physische Gesundheit im Zentrum stehen. Wir brauchen und wollen nicht ständig neue Kleider und Accessoires und i-Dingsis und und und. Wonach wir uns sehnen, ist eine Welt, in der wir im Zentrum stehen. In der wir Zeit haben, uns zu entwickeln und gemeinsam herausfinden können, was wir denn benötigen und wie wir es bekommen können. In der wir uns gegenseitig helfen und es uns glücklich macht, andere zufrieden zu sehen. Und eine, in der wir nicht gezwungen sind, andere in die Pfanne zu hauen, weil es unser Job nun mal so verlangt.

Doch von so einer Welt sind wir meilenweit entfernt. Unser Wunsch scheint so einfach, dass jedes Kind ihn versteht, doch um ihn verwirklichen zu können, müssen wir uns allem entgegenstellen. Wir wollen nicht mit Politikern verhandeln, die bestenfalls versuchen, das Jetzt etwas erträglicher zu gestalten. Wir fordern auch nicht die Abschaltung der AKW’s – selbst wenn wir sie nicht einfach kaputtmachen können. Wir glauben, dass wir Druck aufsetzen müssen, aber nicht mittels Unterschriften, die keinen Pfifferling wert sind. Wir müssen unser Leben endlich in die eigenen Hände nehmen und die Entscheidungen treffen, die uns betreffen. Es gilt viele Mauern einzureissen. Sowohl solche die wir sehen und betasten können, als auch solche, die sich bloss in unseren Köpfen befinden. Denn gemeinsam halten sie diese Welt zusammen und versperren die Sicht auf diejenige, die wir uns wünschen.

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