Das Ende der Illusionen – Zum Prozess gegen 6 Kameraden in Frankreich

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Vom 14. bis 22. Mai werden in Frankreich 6 Kameraden vor Gericht gestellt für „Verbrechervereinigung mit terroristischer Zielsetzung“. Mehr über die Geschichte davon, Briefe der Angeklagten etc. können in den 3 Ausgaben der französischen Publikation „Mauvais Intentions“ gelesen werden. Auf Deutsch könne Briefe von Ivan, Bruno, Isa und Farid, sowie andere Texte diesbezüglich können in diesem Heft gelesen werden, das im Frühjahr 2009 erschien. Wir publizieren hier eine Übersetzung eines Plakats aus Paris bezüglich dieses Prozesses, die wir ausgehend von einer Übersetzung von ContraInfo überarbeiteten. Weiter unten fügten wir einen Artikel aus der 2. Nummer der „Grenzenlos“ an, der einige weitere Hintergrundinformationen zum Prozess enthält.

Das Ende der Illusionen

Die Monatsenden sind sowieso schon schwer unter Dach und Fach zu bringen, und nun verspricht man uns von allen Seiten einen neuen Sparkurs, den es mit zugehaltener Nase, und vor allem ohne murren zu schlucken gilt. Eine notwendiges Übel schliesslich, um diese verfluchte Schinderei, mit der wir uns schon viel zu lange abquälen, vor dem Sturm zu bewahren.

In dieser verkehrten Welt, sei das Problem angeblich nicht, dass sich eine kleine Anzahl Leute auf dem Rücken der anderen bereichert, sondern, dass man sich nicht mit den Krümmeln zufriedengibt, die man uns zugesteht. Es sei nicht die Vermarktung von allen und allem, sondern, dass einige an der Kasse vorbeigehen, ohne zu bezahlen. Es sei nicht die Herrschaft der Politik, sondern, dass Revoltierende für eine Gesellschaft ohne Regierende und Regierte, ohne Herren und Sklaven kämpfen.

In dieser verkehrten Welt, sei das Inakzeptable nicht, die Erde mit Industrie- und Nukleargiften vollzustopfen, völlig demokratisch ganze Bevölkerungen zu bombardieren, Milliarden von Menschen bei der Arbeit zu verstümmeln und zu töten. Das Inakzeptable sei, die Routine der Ausbeutung und der Herrschaft durchbrechen zu wollen, um endlich mit dem Experiment einer Welt der Freiheit und Gegenseitigkeit beginnen zu können.

Denn gegenüber uns, jedes Mal, wenn wir den Kopf nicht genug beugen, gibt es den Knüppel und seine Verfechter, um zu versuchen, uns wieder in die Reihen einzugliedern. Gegenüber uns besetzen die Uniformen militärisch die Viertel, führen sie Treibjagd mit Dateien und Überwachungskameras, häufen sie die Kontrollen und Prügel.

Nun, wer hat noch nie daran gedacht, ihnen jeden Schlag mit einem Gegenschlag zurückzuzahlen, wer hat noch nie das Verlangen verspürt, Schluss zu machen mit den Hunden, die die Ordnung und die Privilegien der Mächtigen hüten?

Gegenüber uns, wenn wir uns weigern, schön artig auf kleiner Flamme dahinzusiechen, droht der Staat ununterbrochen mit dem Gefängnis. Eingesperrt, weil wir das heilige Eigentum nicht respektierten, eingeschlossen, weil wir nicht im Besitz des richtigen kleinen Papierfetzens sind, eingekerkert, weil wir unsere Wut in die Fresse der Autorität gespuckt haben.

Nun, wer hat noch nie davon geträumt, dass die Knast dem Erdboden gleichgemacht werden? Ist der Angriff auf Kommissariate oder Gefängnisse nicht Teil er Vergnügungen, wenn Aufstände ausbrechen, hier oder anderswo, wie letztes Jahr in Tunesien?

Vom 14. bis 22. Mai werden sechs Kameraden in Paris vor Gericht geführt, unter der Anklage von „Verbrechervereinigung mit terroristischer Zielsetzung“. Die Anklagepunkte betreffen den Versuch einer Brandstiftung eines Fahrzeugs der Bullen im Jahr 2007 während der letzten Präsidentschaftsmaskerade, und eine Sabotage des Zugverkehrs während der Anti-CPE Bewegung im Jahr 2006. Sie werden ebenfalls angeklagt, handgemachte Rauchbomben und Krähenfüsse hergestellt zu haben, die für eine Demonstration vor dem Gefängnis für Ausländer in Vincennes 2008 bestimmt waren. Zudem wird ihnen vorgeworfen, Sabotageanleitungen, Chlorat und Originalpläne des Gefängnis für Minderjährige in Porcheville (Yvelins) auf sich gehabt zu haben.

Eine tiefe Kluft trennt jene, die sich auflehnen, um sich zu befreien, von jenen, die in die Menge schlagen, um die Macht zu verteidigen, zu festigen oder zu erobern: nämlich der Staat, die Bosse und ihre Mitstreiter.

Darum, da die Freiheit das Verbrechen ist, dass alle anderen enthält, möge jeder seine Solidarität auf die angemessenste Weise ausdrücken!

Meuterer und Meuterinnen des sozialen Gefängnisses

GEGEN DEN STAATSTERRORISMUS,
MÖGE DIE SCHÖNE NEUE WELT KREPIEREN!

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Artikel Publiziert in der 2. Nummer der anarchistischen Zeitschrift „Grenzenlos„:

Prozessdatum für sechs Kameraden unter anti-terroristischer Anklage

Ende August 2011, nach mehr als drei Jahren, hat der Richter Brunaud seine Untersuchung abgeschlossen und entschieden, sechs Kameraden vor das anti-terroristische Strafgericht zu schicken. Der endgültige Termin für den Prozess wird während der Audienz vom 13. Februar 2012 im TGI von Paris festgelegt. Es wurden bereits T ermine reserviert, der Prozess dürfte also wahrscheinlich während fünf Nachmittagen am 14., 15., 16., 21. und 22. Mai 2012 stattfinden.

In dieser Untersuchung wurden vier Angelegenheiten zusammengelegt, über die gemeinsam unter dem Vorwurf derselben „

Vereinigung von Übeltätern zu terroristischen Zielen“ ein Urteil gefällt wird: Die Verhaftung im Januar 2008 von drei Kameraden kurz vor einer Demonstration, die vor dem Ausschaffungsgefängnis von Vincennes stattfand, bei der eine Rauchpetarde und verbogene Nägel (wahrscheinlich Krähenfüssen) im Auto gefunden wurden (wobei versucht wurde, dies als „Nagelbombe“ (!) hinzustellen). Die Verhaftung von zwei Kameraden an der Péage von Vierzon einige Tage später.

Die Anschuldigung von versuchter Brandstiftung eines Abschleppwagens der Polizei im Mai 2007 zum Zeitpunkt der Wahl von Sarkozy, aufgrund von DNA-Proben. Die Anschuldigung von versuchter Brandstiftung eines Elektrokastens der SNCF im März 2006, zum Zeitpunkt des Kampfes gegen den CPE, ebenfalls aufgrund von DNA-Proben.

Über sechs Kameraden – Ivan, Bruno, Damien, Frank (Farid), Inès (Isa), Javier (Juan) – soll geurteilt werden. Sie sassen bereits fünf bis dreizehn Monate in Untersuchungshaft. Seit sie aus dem Gefängnis kamen, befinden sie sich noch immer unter juristischer Kontrolle. Dies Kontrolle verbietet ihnen, für die meisten, untereinander in Kontakt zu treten, und ohne Autorisierung das französische Territorium zu verlassen. Sie müssen sich ebenfalls einmal im Monat auf dem Polizeiposten oder beim Gericht zeigen und von einem juristischen Kontrolleur überprüft werden (jeden Monat oder alle drei Monate), um hauptsächlich ihre berufliche Tätigkeit nachzuweisen. Die Kriterien der juristischen Kontrolle schwanken je nach Anforderungen der Untersuchungen.

Die sechs Kameraden werden angeklagt für:

– Beteiligung an einer Gruppierung, die zur Vorbereitung von terroristischen Akten gebildet wurde (für alle sechs) – Herstellung von Sprengkörpern oder Brandsätzen (für drei)

– Versuch (oder Mittäterschaft im Versuch) der Beschädigung oder Zerstörung von Gütern, die anderen gehören (für drei)

– Besitz und Transport von Brandsätzen oder Sprengkörpern (für vier)

– Verweigerung, sich der DNA-Entnahme zu unterziehen (für drei)

– Verweigerung, sich der digitalen Fingerabdruckentnahme zu unterziehen (für drei)

Es ist anzumerken, dass die fünf letzten Delikte alle „in Verbindung mit einem terroristischen Unterfangen“ stehen. Wir erinnern daran, dass die ganze Geschichte, Solidaritätsaktionen und Briefe der Verhafteten aus dem Gefängnis (und von Bruno, der nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft untertauchte, um sich der juristischen Kontrolle zu entziehen. Er wurde im Dezember 2010 in Paris erneut verhaftet.) in der französischen Publikation „Mauvaises Intentions“ zu finden sind.

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