Der Rammbock des Aufstands

Der Rammbock des Aufstands…
…hat einen guten Teil der Pforten Europas zertrümmert

http://www.abc-berlin.net/wp-content/uploads/2011/06/steine-gegen-die-schweine-da-oben.jpgDie Erhebungen in Nordafrika waren für uns nie sehr weit entfernt. In erster Linie, weil sie direkt aus unseren Herzen sprechen. Diese Menschen, die das Joch der Diktatur mit Schreien und Handlungen für ein freieres Leben stürzen. Weil uns diese Erhebungen inspirieren, weil sie uns Mut machen, sowie sie vielen anderen Mut machen. Weil es durch sie wieder möglich ist, von Aufständen und Revolutionen zu träumen; nicht wie eine verstaubte Sache der Vergangenheit, sondern vielmehr als reale Möglichkeit.

Es ist auch einfach Fakt, dass die Politik von Nordafrika mit der Politik des westlichen Europa verknüpft ist, genauso wie der Kampf gegen die Mächtigen dort, die Politik hier beeinflusst. Denken wir zum Beispiel an die tausenden Menschen, die versuchen Europa über das Mittelmeer zu erreichen. Jetzt, wo die Situation in Tunesien, Ägypten und Libyen so instabil geworden ist, weiss die Europäische Union nicht mehr was sie tun soll. Die diktatorischen Partner, die der EU halfen, die Migration in Schach zu halten und die Sans-Papier abzuschieben,wurden verjagt, oder (wie im Fall Gadaffi) verweigern ihre Kooperation mit der EU. Mit anderen Worten: die Erhebungen haben einen guten Teil der Pforten zwischen Nordafrika und der EU zertrümmert, und diejenigen, die nun ihr Glück versuchen, sind zahlreich. Der italienische Staat sah sich gezwungen, einem Teil von ihnen provisorische Papiere zu geben, denn er weiss nicht mehr, was er mit all denen tun soll, die in Lampedusa ankommen. Zahlreiche Migranten haben also ihren Weg in Richtung anderer EU-Länder fortsetzen können. Nur… wollen die anderen EU Länder diese italienischen Papiere nicht akzeptieren. Das politische Spiel wird wie immer auf dem Rücken der Armen ausgetragen. Ein politisches Spiel das erhöhte Grenzkontrollen im Inneren der EU mit sich bringt, den Einsatz von Notfallszenarien und Ausnahmezuständen,… Die Erhebungen rasen mit hoher Geschwindigkeit auf die durch die widerliche Migrationspolitik der EU errichteten Mauern zu. Die Sicherheitsverstärkungen innerhalb der EU kommen nicht aus heiterem Himmel. Während die Menschen in anderen Ländern dabei sind für mehr Freiheit zu kämpfen, sind sie hier dabei, die Käfige zu verstärken. Überall werden neue Abschiebelager, Gefängnisse und Isolationszellen gebaut; überall werden die Überwachungskameras und die Präsenz von Überwachungsorganen aller Art ausgeweitet. Überall wird die repressive Gesetzgebung erweitert. Überall schränkt man uns die Freiheit ein. Wir müssen uns darauf vorbereiten, sie aufzuhalten und in die Offensive über zu gehen, denn man weiss sehr gut, dass sich die Jagd auf die Migranten intensiviert, genauso wie die Jagd auf die, die um überleben zu können, gegen das Gesetz verstossen, oder jene, die es tun, weil sie von einer neuen Welt träumen. Ebenso wie jene, die keinen Job haben, wie jene, die schon spüren, dass die Unterdrückung ansteigt. Sie erklären uns den Krieg, uns allen.

Aber vielleicht kann man die Dinge auch auf eine andere Weise sehen, fast wie eine Herausforderung. Auf diese Realität zu blicken, nicht wie etwas, das uns aufgezwungen wird, sondern wie etwas, an dem wir auch teilhaben. Und dass diese Realität auch von unserer Kollaboration und unserer Apathie, bzw. einfach nur von unserer Gehorsamsverweigerung und unserer Revolte abhängt. Lassen wir die Politiker und ihre Hunde einen Moment beiseite und kehren wir zu unseren Träumen vom Aufstand und der Revolution zurück. Auch auf dem europäischen Kontinent erschaffen die Keime dieser fieberhaften Periode einen Wirbel. Die Unzufriedenheit wächst und gelegentlich kommt sie zum Ausdruck, zum Beispiel durch kleine anonymen Revolten oder auch durch kollektivere Momente der Konfrontation.

Halten wir uns auch bewusst, dass der Rassismus in Europa sehr verbreitet ist und dass wir daher die sehr reale Möglichkeit einer Intensivierung des Ausländerhasses in Betracht ziehen müssen. Der Staat kann immer ein Schreckgespenst verwenden, um einen Teil der Bevölkerung für alle Probleme verantwortlich zu machen, damit wir vergessen, dass es der Staat selbst ist, der die Gesetze gemacht hat, die uns das Leben verderben.

Aber wer weiss! Wer weiss. Es gibt eine Chance wachsender gegenseitiger Ansteckung der Revolten von hier und jenen von dort. Durch die Erfahrungen, die gerade das Mittelmeer durchqueren, aber auch, weil die Erhebungen dort auch unter vielen von uns etwas wachgerufen haben: wir sind nicht gezwungen, das ganze Leben auf den Knien zu leben, wir können für die Freiheit kämpfen. Erhöhen wir also die Möglichkeiten einer Befruchtung durch die Erschaffung von Momenten, in denen sich Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen treffen können, sprechen lernen können, in einer Welt, in der einer auf dem Rücken des anderen reitet. Hören wir auf damit, uns damit zufriedenzugeben, zu überleben, und fangen wir an, uns von dieser unbarmherzigen Wettbewerbslogik zu befreien, um zu entdecken, was Kameradschaft bedeutet, was Solidarität im Kampf, was der Geschmack ist, den das Leben hat, wenn wir es erobern, was es bedeutet, zu versuchen, unsere Träume eines freien Lebens zu verwirklichen.

Wie groß der Druck, den sie auf uns ausüben, auch sein mag, eine Sache ist sicher: sie werden das Verlangen nach der Freiheit niemals ausradieren können.

Übersetzung des Artikels >>Le bélier de l’insurrection… a fracassé une bonne partie des portes de l’Europe<< aus Hors Service No 18 aus Brüssel, gefunden auf indymedia austria


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