Kommentare zur Gesellschaft des Spektakels (Seite 2)

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XII

Die Auslöschung der Persönlichkeit begleitet unvermeidlich die konkret den spektakulären Normen unterworfenen Existenzbedingungen. Eine Existenz, die so stets immer mehr von den Möglichkeiten getrennt ist, authentische Erfahrungen zu machen und dadurch seine individuellen Neigungen zu entdecken. Paradoxerweise hat sich das Individuum permanent zu verleugnen, wenn es in einer solchen Gesellschaft auf ein wenig Wertschätzung aus ist. Diese Existenz postuliert nämlich eine ständig wechselnde Treue, eine Folge von stets enttäuschenden Zustimmungsbekundungen zu täuschenden Produkten. Es gilt, rasch hinter der Inflation der entwerteten Zeichen des Lebens hinterherzulaufen. Drogen helfen dabei, sich mit diesem Sachverhalt abzufinden, Wahnsinn, ihm zu entfliehen.

In allerhand Unternehmungen dieser Gesellschaft, in der sich die Güterverteilung derartig zentralisiert hat, daß sie zugleich offenkundig und geheim über die bloße Definition dessen gebietet, was gut ist, kommt es vor, daß man manchmal bestimmten Personen Eigenschaften, Kenntnisse und gar Laster zuschreibt, die völlig aus der Luft gegriffen sind, um durch diese Ursachen die zufriedenstellende Entwicklung bestimmter Unternehmungen zu erklären, mit dem einzigen Ziel, die Funktion der verschiedenen, über alles entscheidenden Übereinkünfte zu verbergen oder zumindest sie so gut es geht zu bemänteln.

Doch trotz der vielfach bekundeten Absichten und der gewichtigen Mittel, mit denen sie das volle Maß bemerkenswerter Persönlichkeiten in ein helles Licht setzen will, zeigt die Gesellschaft von heute – und zwar nicht nur durch das, was heute an die Stelle der Künste getreten ist, oder durch die Diskurse hierzu -viel öfter das Gegenteil: eine völlige Unfähigkeit stößt mit einer anderen, vergleichbaren Unfähigkeit zusammen, sie werden kopfscheu, und eine sucht vor der anderen ihr Heil in der Flucht. Es kommt vor, daß ein Rechtsanwalt vergißt, daß er in einem Prozeß lediglich der Vertreter einer Sache zu sein hat und sich aufrichtig durch die Argumentationsweise des Anwalts der Gegenpartei beeinflussen läßt, selbst wenn diese Argumentationsweise genausowenig zwingend wie die eigene war. Auch kommt es vor, daß ein zu Unrecht Verdächtigter momentan ein Verbrechen gesteht, daß er nicht begangen hat, und zwar einzig deshalb, weil er sich durch die Logik der Hypothese eines Denunzianten, der an seine Schuld glauben wollte, hat beeinflussen lassen (Fall des Doktors Archambeau l984 in Poitiers).

Der erste Apologet des Spektakels, McLuhan höchstpersönlich, der der überzeugteste Dummkopf des Jahrhunderts schien, hat seine Meinung geändert, als er 1976 endlich entdeckte, daß »der Druck der Massen-Medien zum Irrationalen drängt« und daß es angeblich Not täte, deren Gebrauch zu mindern. Der Denker aus Toronto hatte zuvor mehrere Jahrzehnte damit verbracht, ob der zahllosen Freiheiten in Verzückung zu geraten, die dieses »Weltdorf« mit sich brachte und die einem jeden augenblicklich und mühelos zur Verfügung standen. Im Gegensatz zu den Städten sind die Dörfer stets von Konformismus, Isolierung, kleinlicher Bespitzelung, Langeweile und dem stets wiedergekäuten Tratsch über einige wenige und immer dieselben Familien beherrscht worden. Und so nimmt sich denn auch die Vulgarität des spektakulären Planeten aus, in der es unmöglich ist, die Dynastie der Grimaldi-Monaco oder die der Bourbonen-Franco von der zu unterscheiden, die den Platz der Stuarts eingenommen hat. Undankbare Schüler versuchen dennoch, McLuhan vergessen zu machen und seinen ersten Trouvaillen neue Jugend zu verleihen, wobei sie es ihrerseits auf eine Karriere im Medienloblied auf alle jene neuen Freiheiten abgesehen haben, die es aufs Geratewohl im Ephemeren »auszuwählen« gelte. Und höchstwahrscheinlich werden sie sich schneller verleugnen als der, der sie inspiriert hat.

 

XIII

Das Spektakel verhehlt nicht, daß die von ihm etablierte wunderbare Ordnung von so manchen Gefahren umringt ist. Die Verschmutzung der Weltmeere und die Zerstörung der Tropenwälder stellen eine Bedrohung für die Erneuerung des Sauerstoffs der Erde dar, deren Ozonsphäre dem industriellen Fortschritt schlecht standhält, und Strahlungsbelastungen atomaren Ursprungs akkumulieren sich unwiderruflich. Das Spektakel folgert daraus lediglich, daß all dies ohne Bedeutung ist. Es will einzig über Daten und Dosen mit sich reden lassen. Und einzig darin gelingt es ihm, Zuversicht einzuflößen, was ein prä-spektakulärer Geist für unmöglich gehalten hätte.

Die Methoden der spektakulären Demokratie sind im Gegensatz zur nackten Brutalität des totalitären Diktats von großer Flexibilität. So kann der Name beibehalten werden, wenn die Sache selber insgeheim geändert worden ist (Bier, Rindfleisch, ein Philosoph), oder der Name geändert, die Sache aber insgeheim beibehalten wurde. So hat die englische Wiederaufbereitungsanlage für Atommüll in Windscale zum Beispiel ihre Ortschaft in Sellafield umtaufen müssen, um nach einem verheerenden Brand im Jahre 1957 den Verdacht besser zu zerstreuen. Diese toponymische Wiederaufbereitung hat jedoch eine erhöhte Sterblichkeitsrate aufgrund von Krebs und Leukämie in der Umgebung nicht verhindern können. Die englische Regierung, so erfährt man demokratisch dreißig Jahre später, hatte damals beschlossen, einen Untersuchungsbericht über die Katastrophe geheimzuhalten, den sie, nicht zu Unrecht, für geeignet hielt, das Vertrauen zu erschüttern, welches die Bevölkerung der Kernenergie entgegenbrachte.

Die Praktiken der Atomindustrie, ob zu militärischen oder zivilen Zwecken, bedürfen einer stärkeren Dosis von Geheimhaltung als die anderer Gebiete, wo sie bekanntlich bereits in hohem Maße erforderlich ist. Um das Leben, das heißt die Lügen der von den Herren dieses Systems erwählten Wissenschaftler zu erleichtern, hat man den Nutzen entdeckt, der aus einer Änderung der Maßeinheiten entsteht, ihrer Variierung gemäß einer größeren Anzahl von Gesichtspunkten sowie ihrer Verfeinerung, um je nach Bedarf mit mehreren dieser schwer konvertierbaren Zahlen zu jonglieren. So stehen einem zur Messung der Radioaktivität die folgenden Maßeinheiten zur Verfügung: Curie, Becquerel, Röntgen, Rad, alias Centigray, Rem und, nicht zu vergessen, das schlichte Millirad und der Sivert, ein bloßes 100-Rem-Stück. Man fühlt sich an die Unterteilungen der englischen Währung erinnert, deren Komplexität den Ausländern so sehr zu schaffen machte, zu einer Zeit als Sellafield noch Windscale hieß.

Man stelle sich vor, welche Bündigkeit und Präzision im 19. Jahrhundert die Kriegsgeschichte und mithin die Strategietheoretiker hätten erreichen können, wenn man, um unbefangenen Kommentatoren oder feindlichen Historikern keine allzu vertraulichen Auskünfte zu geben, gewöhnlich über einen Feldzug wie folgt Rechenschaft abgegeben hätte: »Die Eingangsphase umfaßt eine Reihe von Gefechten, bei denen unsererseits eine starke Vorhut, bestehend aus vier Generälen und den ihnen unterstellten Einheiten, einem feindlichen, aus 13000 Bajonetten bestehenden Armeekorps gegenübersteht. Später entwickelt sich eine offene Feldschlacht, deren Ausgang lange Zeit ungewiß blieb und in deren Verlauf die Gesamtheit unserer Armee mit ihren 290 Kanonen und ihrer 18 000 Säbeln starken Kavallerie zum Einsatz kam. Der Feind seinerseits hat ihr Truppen gegenübergestellt, die es auf nicht weniger als 3 600 Infanterie-Leutnants, 40 Husaren – und 24 Kürassierhauptmänner brachten. Nach wechselndem Kriegsglück auf beiden Seiten darf die Schlacht letztendlich als unentschieden betrachtet werden. Unsere Verluste, die unter dem Durchschnitt liegen, der für gewöhnlich bei Kämpfen von vergleichbarer Dauer und Heftigkeit auftritt, sind fühlbar höher als die der Griechen bei Marathon, bleiben jedoch unter denen der Preußen bei Jena.« Nach diesem Beispiel vermag ein Spezialist wohl, sich ein ungefähres Bild der eingesetzten Kräfte zu machen. Die Führung der Operationen bleibt jedoch mit Sicherheit auch weiter über jegliches Urteil erhaben.

Im Juni 1987 hat der stellvertretende technische Direktor der staatlichen französischen Stromgesellschaft EDF, Pierre Bacher, die letzte Doktrin zur Sicherheit von Kernkraftwerken dargelegt. Durch ihre Ausstattung mit Ventilen und Filtern würden es viel leichter werden, schwere Katastrophen, wie Risse im Reaktor oder die Explosion der Anlage, die eine ganze »Region« in Mitleidenschaft ziehen würden, zu vermeiden, was nämlich passiert, wenn man zu sehr eingrenzen will. Besser ist es, jedesmal wenn die Maschine Anstalten macht, durchzudrehen, ein wenig Druck abzulassen und eine engbegrenzte Umgebung von einigen wenigen Kilometern zu berieseln, wobei die Umgebung jedes Mal anders und aufs Geratewohl durch die Laune des Winds vergrößert wird. Er enthüllt, daß in den letzten Jahren die diskret in Cadarache, im Bouches-du-Rhone-Departement durchgeführten Versuche »konkret gezeigt haben, daß die Emissionen – hauptsächlich Gase – ein paar Promille nicht überschreiten, schlimmstenfalls l % über der in der Anlage herrschenden Radioaktivität liegen«. Dieser schlimmste Fall bleibt somit durchaus in Grenzen: l %. Früher war man sicher, daß keine Gefahr bestand, abgesehen von einem Unfall, der logisch unmöglich war. Die Erfahrungen der ersten Jahre haben diese Argumentationsweise wie folgt abgeändert: ein Unfall ist immer möglich. Es muß deshalb vermieden werden, daß er katastrophale Ausmaße erreicht, und das ist leicht. Man braucht lediglich stoßweise und mit Maßen zu verseuchen. Und wer verstünde nicht, daß es weitaus gesünder ist, über Jahre hinweg täglich nur 140 Zentiliter Wodka zu trinken, anstatt gleich damit zu beginnen, sich sinnlos zu besaufen.

Es ist sicherlich schade, daß die menschliche Gesellschaft derartig brisanten Problemen zu einem Zeitpunkt begegnet, da es materiell unmöglich geworden ist, den leisesten Einwand gegen den Diskurs der Ware geltend zu machen, zu einem Zeitpunkt, da der Herrschaftsapparat, eben weil das Spektakel ihn davor schützt, für seine fragmentarischen oder haarsträubenden Entscheidungen und Rechtfertigungen Rede und Antwort stehen zu müssen, meint, nicht mehr denken zu brauchen; und tatsächlich nicht mehr zu denken vermag. Wie standfest der Demokrat auch sein mag, hätte er es nicht lieber, man möge ihm intelligentere Herren ausgesucht haben?

Auf einer internationalen Expertenkonferenz, die im Dezember 1989 in Genf stattfand, ging es schlicht und einfach um ein weltweites Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen, jenem Gas, das sehr rasch die dünne Ozonschicht zerstört, die diesen Planeten -man wird sich seiner noch erinnern – gegen die schädlichen Auswirkungen kosmischer Strahlungen schützt. Daniel Veriihe, Vertreter der Filiale für Chemieprodukte von Elf-Aquitaine und als solcher Mitglied einer französischen Delegation, die entschieden gegen das Verbot eintrat, machte die folgende, sinnige Bemerkung: »Die Entwicklung eventueller Ersatzprodukte mag gut drei Jahre in Anspruch nehmen, und die Kosten können sich vervierfachen.« Diese, flüchtige Ozonschicht gehört, in einer solchen Höhe, bekanntlich niemandem und besitzt keinerlei Tauschwert. Der Industriestratege hat damit seinen Widersachern durch diesen Rückruf in die Wirklichkeit das ganze Ausmaß ihrer unerklärlichen wirtschaftlichen Sorglosigkeit vor Augen halten können: »Es ist äußerst gewagt, eine Industriestrategie auf umweltpolitischen Sachzwängen aufzubauen.«

Diejenigen, die vor langer Zeit schon damit begonnen haben, die politische Ökonomie als die »vollkommenste Verneinung des Menschen « zu definieren, haben sich nicht geirrt. An diesem Charakterzug erkennt man sie.

 

XIV

Die Wissenschaft, heißt es, sei heute den Zwängen der wirtschaftlichen Rentabilität unterworfen. Dies ist jedoch schon immer so gewesen. Neu ist, daß die Ökonomie an einem Punkt angelangt ist, an dem sie den Menschen offen bekriegt – nicht bloß seine Lebens-, sondern auch seine Überlebensmöglichkeiten. Das wissenschaftliche Denken hat es vorgezogen, der spektakulären Herrschaft zu dienen und zwar wider eines Großteils ihrer eigenen, gegen die Sklaverei gerichteten Vergangenheit. Bevor es so weit mit ihr kam, besaß die Wissenschaft eine relative Autonomie. Sie wußte ihr Stückchen Wirklichkeit zu denken und hat so einen unermeßlichen Beitrag zur Erhöhung der ökonomischen Mittel zu leisten vermocht. Toll geworden hat die allmächtige Ökonomie, und etwas anderes sind die spektakulären Zeiten nicht, die letzten Überbleibsel der wissenschaftlichen Autonomie beseitigt, sowohl auf methodologischer Ebene, als auch, untrennbar davon, was die praktischen Bedingungen der »Forscher-Aktivität anbetrifft. Niemand verlangt mehr von der Wissenschaft, die Welt zu verstehen oder etwas darin zu verbessern. Verlangt wird von ihr, augenblicklich alles Geschehende zu rechtfertigen. Auf diesem Gebiet ebenso dumm wie auf allen übrigen, die sie mit der verheerendsten Unbedachtheit ausbeutet, hat die spektakuläre Herrschaft den riesigen Baum der Wissenschaft zu dem einzigen Zweck gefällt, sich einen Knüppel daraus zu schnitzen. Um dieser letzten gesellschaftlichen Nachfrage einer offensichtlich unmöglichen Rechtfertigung nachzukommen, ist zuviel Denkvermögen nicht angeraten. Dagegen gilt es aber, über eine gute Übung in den Kommoditäten des spektakulären Diskurses zu verfügen. Und in dieser Laufbahn hat, behende und mit viel gutem Willen, die prostituierte Wissenschaft dieser verachtenswerten Tage ihre jüngste Spezialisierung gefunden.

Das Auftreten der Wissenschaft der lügnerischen Rechtfertigung geht natürlich einher mit den ersten Dekadenzsymptomen der bürgerlichen Gesellschaft, mit dem krebsartigen Wuchern von »human« genannten Pseudowissenschaften. Die moderne Medizin aber hatte beispielsweise eine Zeitlang vermocht, sich für nützlich auszugeben, und die, die Pocken und Lepra bezwungen hatten, waren von anderem Schlag als die, die jämmerlich vor radioaktiven Bestrahlungen und der Nahrungs- und Genußmittelchemie kapituliert haben. Es wird einem rasch klar, daß die heutige Medizin selbstverständlich jedes Recht verwirkt hat, die Gesundheit der Bevölkerung vor einer pathogenen Umwelt zu verteidigen, denn dies hieße ja dem Staat oder auch nur der Pharmaindustrie die Stirn zu bieten.

Doch nicht allein durch das, was zu verschweigen sie verpflichtet ist, gesteht die wissenschaftliche Tätigkeit ein, was aus ihr geworden ist, sondern sehr oft auch durch das, was sie einfältig verlautbaren läßt. Als die Professoren Even und Andrieu vom Pariser Laennec-Krankenhaus im November 1985 nach achttägigen Experimenten an vier Kranken verkündeten, sie hätten ein wirksames Mittel gegen Aids entdeckt, zog dies zwei Tage später – die Kranken waren inzwischen gestorben – Vorbehalte seitens einiger Mediziner, die weniger weit fortgeschritten oder möglicherweise neidisch waren, nach sich, ob der reichlich überstürzten Art und Weise, mit der jene flugs hatten registrieren lassen, was lediglich wie ein Sieg aussah, wenige Stunden vor dem Zusammenbruch. Even und Andrieu verteidigten sich, ohne die Fassung zu verlieren, indem sie behaupteten, daß »falsche Hoffnungen schließlich besser als überhaupt keine Hoffnung« seien. Daß dieses Argument allein eine völlige Negierung des wissenschaftlichen Geistes darstellt und in der Geschichte stets dazu gedient hat, die einträglichen Hirngespinste von Scharlatanen und Hexern zu decken, zu Zeiten, als man ihnen noch nicht die Leitung von Krankenhäusern anvertraute, entging ihnen in ihrer großen Ignoranz.

Wenn die offizielle Wissenschaft derart gelenkt wird, so wie der Rest des Spektakels, das unter materiell modernisierter und angereicherter Fassung lediglich die uralten Techniken der Jahrmarktbuden wiederaufgenommen hat – Gaukler, Marktschreier und Bauernfänger-, dann nimmt es nicht wunder, wenn parallel dazu überall Magier und Sekten, vakuumverpackter Zenbuddhismus oder Mormonentheologie wieder großen Einfluß gewinnen. Die Ignoranz, die den etablierten Mächten von guten Diensten war, ist zu alledem stets von findigen, am Rande des Gesetzes stehenden Unternehmungen ausgebeutet worden. Und welcher Augenblick wäre da günstiger als der, in dem das Analphabetentum so große Fortschritte gemacht hat? Diese Tatsache wird ihrerseits aber durch einen weiteren Zauberstreich geleugnet. Anläßlich ihrer Gründung hatte die U.N.E.S.C.O. eine wissenschaftlich genaue Definition des Analphabetentums verabschiedet, das in den unterentwickelten Ländern zu bekämpfen sie sich zur Aufgabe machte. Als man dasselbe Phänomen unversehens von neuem auftauchen sah, diesmal aber in den sogenannten Industrienationen, so wie der, der Grouchy erwartend, plötzlich Blücher in seiner Schlacht auftauchen sah, da genügte es, die Garde der Experten in den Kampf zu werfen, und die haben denn auch geschwind die Formel mit einem unwiderstehlichen Angriff aus dem Weg geräumt, indem sie den Begriff Analphabetismus durch den der Lese- und Schreibschwäche ersetzten, so wie eine »patriotische Fälschung« gelegen kommen kann, um eine gute nationale Sache zu unterstützen. Um dann, unter Pädagogen, die Pertinenz der Wortschöpfung felsenfest zu begründen, wird hurtig eine neue Definition verabschiedet, als sei diese seit eh und je gültig. Während bekanntlich der Analphabet jemand war, der nie das Lesen gelernt hat, so ist, dieser neuen Definition zufolge, ein Lese- und Schreibschwacher im modernen Sinn jemand, der Lesen gelernt hat – und zwar besseres zuvor, wie sogleich die Begabtesten unter den offiziellen Theoretikern und Historikern der Pädagogik kaltschnäuzig behaupten werden -, es aber zufällig, sofort wieder vergessen hat. Eine solch verblüffende Erklärung würde eher beängstigend als beschwichtigend wirken, besäße sie nicht die Kunst – dadurch, daß sie vorbeiredet und so tut als sähe sie sie nicht -, die Schlußfolgerung zu vermeiden, die in wissenschaftlicheren Zeiten jedem zuerst in den Sinn gekommen wäre: daß nämlich letzteres Phänomen verdient, erklärt und bekämpft zu werden, war es doch nie und nirgends vor den jüngsten Fortschritten des verdorbenen Denkens beobachtet oder bloß geahnt worden, daß der Zerfall der Erklärung Gleichschritt hält mit dem Zerfall der Praxis.

 

XV

Vor mehr als hundert Jahren definierte A.-L. Sardous Nouveau Dictionnaire des Synonymes francais die Sinnunterschiede, die es zu verstehen gilt zwischen: fallacieux, trompeur, imposteur, seducteur, insidieux, captieux und die zusammengenommen heute eine Art Farbpalette bilden, die sich für ein Portrait der Gesellschaft des Spektakels eignet. Weder seiner Zeit noch seiner Erfahrung als Spezialist oblag es so deutlich, die verwandten, aber sehr verschiedenen Bedeutungen der Gefahren darzulegen, mit denen zu kämpfen jede der Subversion frönende Gruppe zu rechnen hat, entsprechend etwa der folgenden Abstufung: verleitet, provoziert, unterwandert, manipuliert, usurpiert, umgedreht. Den Doktrinären des »bewaffneten Kampfes« sind diese beachtlichen Sinnunterschiede jedenfalls nie aufgegangen.

Fallacieux- betrügerisch – vom lateinischen fallaciosus, fähig oder gewohnt zu täuschen, voller Arglist: die Endung des Adjektivs hat den gleichen Wert wie der Superlativ von trompeur- trügerisch. Trompeur- trügerisch – ist, was trügt oder auf irgendeine Art und Weise zum Irrtum verleitet: fallacieux ist, was vorsätzlich täuschen, hinters Licht führen und in die Irre leiten soll, und zwar mit Arglist und dem dazu geeignetsten imposanten Aufzug. Trompeur ist ein allgemeines und unbestimmtes Wort. Alle möglichen Arten von Zeichen und Ungewissen Äußerlichkeiten sind trompeurs – trügerisch: fallacieux schließt Falschheit, Arglist und Verstellung ein. Reden, Beteuerungen und Sophismen sind fallacieux – betrügerisch. Dieses Wort ist verwandt mit imposteur – lügnerisch -, seducteur – verführerisch , insidieux – hinterlistig -und captienx- verfänglich -, ohne jedoch synonym zu sein. Imposteur bezeichnet jede Art von falschem Schein oder Absprachen, die betrügen oder Schaden zufügen wollen; Heuchelei beispielsweise oder Verleumdung, usw. Seducteur drückt die Handlung aus, mittels derer man sich einer Person bemächtigt, sie geschickt und hinterlistig in die Irre führt. Insidieux bezeichnet lediglich das geschickte Aufstellen und Zuschnappenlassen von Fallen. Captieux beschränkt sich auf die subtile Handlung, jemanden zu überraschen und ihn zum Irrtum zu verleiten. Fallacieux umfaßt die meisten dieser Merkmale.

 

XVI

Das noch junge Konzept der Desinformation ist unlängst zusammen mit vielen anderen nützlichen Erfindungen zur Verwaltung moderner Staaten aus Rußland eingeführt worden. Es wird stets unverhohlen von einem Machtapparat verwendet oder mithin von Leuten, die über ein Stück wirtschaftlicher oder politischer Macht verfügen, um die etablierte Ordnung aufrechtzuerhalten, wobei seiner Verwendung stets eine Gegenoffensiv-Funktion zukommt. Was immer eine offizielle Wahrheit anfechten mag, kann nichts anderes sein als von feindlichen Mächten, zumindest aber von Rivalen ausgehende, absichtlich verfälschte Desinformation. Auch ist die Desinformation nicht die schlichte Leugnung einer Tatsache, die den Autoritäten zupaß kommt, oder die schlichte Affirmation von etwas, was gegen den Strich geht: das nennt man Psychose. Im Gegensatz zur einfachen Lüge muß die Desinformation, und hierin wird sie für die Verteidiger der herrschenden Gesellschaft interessant, zwangsläufig einen gewissen Wahrheitsgehalt besitzen. Dieser wird jedoch bewußt von einem geschickten Feind manipuliert. Die Macht, die von Desinformation spricht, wähnt sich nicht absolut fehlerfrei. Sie weiß aber, daß sie jeder präzisen Kritik jene außerordentliche Unbedeutsamkeit zuschreiben kann, die in der Natur der Desinformation liegt, und daß sie so nie einen besonderen Fehler wird einzugestehen haben.

So wäre die Desinformation – mit einem Wort – der schlechte Gebrauch der Wahrheit. Wer sie lanciert, ist schuldig, wer sie glaubt, ein Dummkopf. Aber um welchen geschickten Feind handelt es sich denn nun? Um den Terrorismus kann es sich hier nicht handeln. Der wird niemanden »desinformieren«, liegt seine Aufgabe doch darin, ontologisch den tölpelhaftesten und am wenigsten annehmbaren Irrtum darzustellen. Dank seiner Etymologie und den Erinnerungen aus der Zeit der begrenzten Zusammenstöße, die um die Mitte des Jahrhunderts Ost und West – das konzentrierte und das diffuse Spektakuläre – für kurze Zeit einander gegenüberstellten, tut der Kapitalismus des integrierten Spektakulären auch heute noch so, als glaube er, der Kapitalismus der totalitären Bürokratie – zuweilen als Ausgangsbasis und Inspirationsquelle der Terroristen präsentiert – bleibe sein Hauptfeind, so wie jener dasselbe von diesem behaupten wird, den zahllosen Beweisen, die von ihrer tiefgehenden Allianz und Solidarität zeugen, zum Trotz. Tatsächlich denken alle etablierten Machtapparate, ungeachtet einiger wirklicher lokalen Rivalitäten und ohne es zugeben zu wollen, fortwährend, was einmal auf Seiten der Subversion und zu diesem Zeitpunkt ohne großen Erfolg einer der wenigen deutschen Internationalisten nach Ausbruch des ersten Weltkriegs ins Gedächtnis zu rufen wußte: »Der Hauptfeind steht im eigenen Land.« Letztendlich ist die Desinformation gleichbedeutend mit dem, was die »bösen Leidenschaften« in der Sprache des sozialen Krieges des XIX. Jahrhunderts waren. Sie ist alles, was obskur ist und sich eventuell erfrechen könnte, das außergewöhnliche Glück anzufechten, das diese Gesellschaft bekanntlich denen zuteil werden läßt, die ihr Vertrauen schenken, ein Glück für das die diversen Risiken und kleinen Verdrießlichkeiten keinen zu hohen Preis darstellen. Und all die, die dieses Glück im Spektakel sehen, nehmen in Kauf, daß nichts für es zu teuer ist, während die anderen hingegen Desinformation betreiben.

Eine ganz bestimmte Desinformation auf diese Weise zu brandmarken, bietet einen weiteren Vorteil: der globale Diskurs des Spektakels kann mithin nicht bezichtigt werden, er enthalte Desinformation, ist er es doch, der mit wissenschaftlichster Gewißheit das Terrain zu bestimmen vermag, auf welchem die Desinformation kenntlich wird: alles was gesagt werden mag und ihm nicht gefällt.

Sicher irrtümlich – es sei denn aber, es handelt sich um einen bewußt ausgelegten Köder – ist unlängst viel Wirbel um ein Projekt gemacht worden, Medienprodukten eine Art offizielles Gütesiegel »Garantiert ohne Desinformation« zu verleihen. Gewisse Medienleute, die noch glauben, oder bescheidener, glauben machen möchten, sie seien nicht bereits jetzt schon effektiv zensiert, fühlten sich gekränkt. Vor allem aber hat das Konzept »Desinformation« selbstverständlich nicht defensiv verwendet zu werden und noch weniger in einer statischen Verteidigung, als Bestückung einer Chinesischen Mauer, einer Maginotlinie, die vollständig einen Raum zu decken hätte, zu dem der Desinformation der Zutritt gewissermaßen verwehrt ist. Desinformation muß sein. Sie hat fließend zu bleiben, sie muß überall durchkommen können. Wo der Diskurs des Spektakels nicht angefochten wird, wäre eine Verteidigung Unsinn; und dieses Konzept der Desinformation würde sich sehr schnell abnutzen, verteidigte es ihn wider aller Evidenz in Punkten, die ganz im Gegenteil es vermeiden müssen, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Darüber hinaus ist den Autoritäten nicht wirklich daran gelegen zu garantieren, daß eine bestimmte Nachricht keine Desinformation enthält. Im übrigen fehlen ihnen dazu die Mittel: so groß ist der Respekt nicht, der ihnen entgegengebracht wird, und so würde nur der Verdacht auf die betreffende Information gelenkt werden. Das Konzept der Desinformation ist nur im Gegenangriff von Nutzen. Es muß in zweiter Linie gehalten werden, um im Falle einer hervorbrechenden Wahrheit augenblicklich nach vorne geworfen zu werden, um sie zurückzudrängen.

Sollte eine Art außerplanmäßiger Desinformation auftreten, im Dienst irgendwelcher, vorübergehend in Konflikt stehenden Sonderinteressen Glauben finden und dadurch vorübergehend außer Kontrolle geraten und sich so der umfassenden Arbeit einer verantwortungsbewußteren Desinformation in den Weg stellen, dann besteht kein Grund zur Befürchtung, hier könnten sachverständigere oder feinfühligere Manipulateure am Werk sein: es ist einfach so, daß sich die Desinformation nunmehr in einer Welt entfaltet, in der für Verifizierung jedweder Art kein Platz mehr ist.

Das begriffsverwirrende Konzept der Desinformation wird in den Vordergrund gestellt, um durch bloße Nennung seines Namens auf der Stelle jede Kritik zu widerlegen, die auszuschalten die diversen Agenturen der Organisation des Schweigens nicht ausgereicht hätten. So könnte man denn auch eines Tages, sollte dies opportun erscheinen, behaupten, dieses Buch sei ein Unternehmen zur Desinformation über das Spektakel oder zur Desinformation zum Schaden der Demokratie, was dasselbe ist.

Im Gegensatz zu dem, was sein umgekehrtes spektakuläres Konzept beteuert, kann nur der Staat desinformieren, hier und jetzt, unter seiner direkten Leitung oder auf Betreiben derer, die dieselben Werte verteidigen. Die Desinformation wohnt denn der gesamten existierenden Information inne, und zwar als ihr wesentlicher Charakter. Sie wird nur da beim Namen genannt, wo es durch Einschüchterung die Passivität beizubehalten gilt. Wo die Desinformation beim Namen genannt wird, existiert sie nicht; Wo sie existiert, wird sie nicht beim Namen genannt.

Als es noch einander befehdende Ideologien gab, die sich für oder gegen diesen oder jenen Aspekt der Wirklichkeit stark machten, gab es Fanatiker und Lügner, aber keine »Desinformateure«.

Wenn Respekt vor dem spektakulären Konsens oder zumindest Verlangen nach einem spektakulären Nimbus nicht mehr erlauben, unmißverständlich zu sagen, wogegen man ist oder desgleichen, was man mit allen seinen Konsequenzen gutheißt, und sich dabei oft gezwungen sieht, einen Aspekt zu verschweigen, den man aus irgendeinem Grund für gefährlich erachtet in dem. was man angeblich befürwortet, dann betreibt man Desinformation aus Leichtsinn, Vergeßlichkeit oder aus einem vermeintlichen Trugschluß heraus. Auf dem Gebiet der Kontestation in den Jahren nach 1968 waren die unfähigen »Prositus« genannten Rekuperateure die ersten Desinformateure, verheimlichten sie doch so gut es ging die praktischen Manifestationen, durch welche die Kritik sich bekräftigt hatte, auf deren Übernahme sie sich soviel zugute hielten. Mitnichten darum verlegen, deren Ausdruck abzuschwächen, unterließen sie es tunlichst, etwas oder jemanden zu zitieren, um den Eindruck zu erwecken, sie selber hätten etwas gefunden.

 

XVII

Einen berühmten Ausspruch Hegels umkehrend schrieb ich bereits 1967, daß »in der wirklich umgekehrten Welt das Wahre ein Moment des Falschen ist«. Die Jahre, die seitdem verflossen sind, haben die Fortschritte gezeigt, die dieses Prinzip auf allen Gebieten, ohne Ausnahme, gemacht hat.

So wird es in einer Epoche, in der die Existenz zeitgenössischer Kunst ein Unding ist, schwierig, ein Urteil über die klassischen Künste abzugeben. Hier wie anderswo wird Ignoranz einzig zum Zweck ihrer Exploitation hervorgebracht. Zur gleichen Zeit wie sowohl Geschichtssinn als auch Geschmack verlorengehen, werden Fälscherringe organisiert. Es genügt, die Experten und Auktionatoren in die Hände zu bekommen – und dies ist recht einfach -, um alles durchzubringen, denn bei Geschäften dieser Art, wie letztlich bei allem übrigen, ist es der Verkauf, der den Wert bestätigt. Danach sind es die Sammler oder die Museen – in erster Linie die vor Fälschungen nur so strotzenden Museen Amerikas -, denen an der Wahrung ihres guten Rufs gelegen ist, so wie der Weltwährungsfonds die Fiktion des positiven Wertes der riesigen Schulden von hundert Nationen aufrechterhält.

Das Falsche bildet den Geschmack und stützt das Falsche, indem es vorsätzlich die Möglichkeit der Bezugnahme auf das Authentische beseitigt. Selbst das Echte wird, sobald dies möglich ist, imitiert, damit es dem Falschen besser ähnelt. Die ersten, die sich in diesem Handel mit Kunstfälschungen foppen lassen, sind, weil am reichsten und modernsten, die Amerikaner. Und gerade sie sind es, die die Restaurierungsarbeiten in Versailles und der Sixtinischen Kapelle finanzieren. Deshalb müssen Michelangelos Fresken die aufgefrischten Farben von Comic-Heften bekommen und die Übergoldung der echten Möbel von Versailles jenen hellen Glanz, der sie stark den falschen Louis XIV-Möbeln ähneln läßt, die unter großem Kostenaufwand nach Texas exportiert werden.

Feuerbachs Urteil, daß seine Zeit »das Bild der Sache, die Kopie dem Original und die Vorstellung der Wirklichkeit« vorziehe, ist durch das Jahrhundert des Spektakels voll und ganz bestätigt worden, und dies auf mehreren Gebieten, auf denen das XIX. Jahrhundert abseits hatte bleiben wollen zu dem, was bereits zutiefst seine Natur war: der kapitalistischen Industrieproduktion. So hatte die Bourgeoisie in hohem Maße dazu beigetragen, den strengen Museumsgeist, den des Originalgegenstands, der exakten historischen Kritik und des echten Dokuments zu verbreiten. Heute aber strebt allenthalben die Fälschung danach, an die Stelle des Echten zu treten. In diesem Zusammenhang kommt es sehr gelegen, daß die durch den Automobilverkehr verursachte Umweltverschmutzung es notwendig macht, Marlys Pferde oder die romanischen Statuen des Saint Trophime-Tors durch Plastikrepliken zu ersetzen. So wird denn alles schöner sein als zuvor, damit die Touristen es fotografieren können.

Den Höhepunkt erreichen wir zweifelsohne in China mit der lächerlichen bürokratischen Fälschung der lebensgroßen Statuen der riesigen Industriearmee des ersten Kaisers, die in situ zu bewundern soviele reisende Staatsmänner eingeladen worden sind. Daß man sich so fürchterlich über sie hat lustig machen können, beweist denn auch, daß keiner von ihnen unter der Masse ihrer Berater über einen einzigen verfügte, der die Geschichte der Kunst in China und außerhalb Chinas kannte. Deren Instruktion ist bekanntlich eine ganz andere gewesen: »Dem Computer, Euer Exzellenz, ist darüber nichts bekannt.« Allein die Feststellung, daß man zum ersten Mal ohne jede Kunstkenntnis zu regieren vermag, ohne jeden Sinn für das, was echt, oder das, was unmöglich ist, dürfte hinreichen, um zu argwöhnen, daß alle diese naiven Schwätzer von Wirtschaft und Verwaltung die Welt aller Wahrscheinlichkeit nach irgendeiner großen Katastrophe entgegenführen, hätte ihre wirkliche Praxis dies nicht bereits schon bewiesen.

 

XVIII

Unsere Gesellschaft basiert auf dem Geheimnis. Von den »Scheinfirmen«, die verhindern, daß Licht auf die konzentrierten Güter der Besitzenden fällt, bis hin zur »Geheimen Verteidigungssache«, die heute ein immenses Gebiet abdeckt, in dem der Staat eine unumschränkte, über die Justiz erhabene Freiheit genießt, von den oft erschreckenden Geheimnissen der Schundfabrikation, die sich hinter der Werbung verbirgt, bis hin zu den Projizierungen der Varianten der extrapolierten Zukunft, an denen alleine die Macht abliest, welchen Lauf wahrscheinlich das nehmen wird, was, wie sie beteuert, schlichtweg nicht existiert, wobei sie die Antworten kalkuliert, die es heimlich darauf geben wird. Diesbezüglich lassen sich einige Bemerkungen anstellen.

Sowohl in den Großstädten als auch in bestimmten Schutzgebieten auf dem Lande wächst die Zahl der Orte, zu denen der Zugang verwehrt ist, das heißt solche, die bewacht, gegen jeglichen Einblick abgeschirmt, der harmlosen Neugier entzogen und bestens gegen Spionage geschützt sind. Obwohl nicht alle im strengen Sinne militärisch, sind sie, entsprechend diesem Modell, vor jeder möglichen Kontrolle durch Passanten oder Einwohner sicher und sogar vor der der Polizei, deren Funktion schon seit langem nur noch in der bloßen Überwachung und Bekämpfung der gewöhnlichen Kriminalität besteht. Als zum Beispiel in Italien Aldo Moro Gefangener von Potere Due war, da hielt man ihn nicht in einem mehr oder minder unauffindbaren Gebäude fest, sondern schlicht und einfach in einem, in das es kein Hineinkommen gab.

Auch die Zahl derer wächst, die für geheime Aktivitäten ausgebildet werden, deren Unterweisung und Training einzig dazu dient. Hierbei handelt es sich um Spezialabteilungen von Männern, die über Sonderarchive verfügen, das heißt über Geheimbeobachtungen und -analysen. Andere verfügen über die verschiedenen Techniken zur Auswertung und Manipulation dieser Geheimangelegenheiten. Was schließlich die »Aktionseinheiten« anbetrifft, so können diese ebenfalls mit anderen Mitteln zur Vereinfachung der studierten Probleme ausgestattet werden.

Die Spezialisten der Überwachung und Beeinflussung finden mit dem Anwachsen der ihnen zu Gebote stehenden Mittel auch Bedingungen vor, die mit jedem Jahr günstiger werden. Seit zum Beispiel die neuen Bedingungen der Gesellschaft des integrierten Spektakulären ihre Kritik dazu zwangen, effektiv klandestin zu bleiben, nicht etwa, weil sie sich versteckt, sondern weil sie durch die schwerfällige Inszenierung des Zerstreuungsdenkens versteckt wird, können diejenigen, die doch die nämliche Kritik überwachen und gegebenenfalls dementieren sollen, letztendlich all das gegen sie verwenden, worauf für gewöhnlich im klandestinen Milieu zurückgegriffen wird: Provokation, Infiltrierungen, sowie diverse Formen der Eliminierung authentischer Kritik zugunsten einer falschen, die eigens zu diesem Zweck erstellt werden mochte. Die Unsicherheit wächst in jeder Hinsicht, wenn der allgemeine Schwindel des Spektakels sich um die Möglichkeit bereichert, zu zahllosen besonderen Schwindeleien zu greifen. Ein ungeklärtes Verbrechen kann auch als Selbstmord hingestellt werden, im Gefängnis oder anderswo, und die Auflösung der Logik ermöglicht Untersuchungen und Prozesse, die senkrecht ins Vernunftwidrige emporschießen und die oft von Anfang an verfälscht sind durch ausgefallene, von einzigartigen Experten vorgenommenen Autopsien.

Seit langem schon hat man sich allenthalben daran gewöhnt, daß mit allen möglichen Leuten kurzer Prozeß gemacht wird. Namentliche oder mutmaßliche Terroristen werden offen mit terroristischen Mitteln bekämpft. Der Mossad zieht in die Ferne, um Abu Djihad zu töten, die englische S.A.S Iren und die Parallelpolizei der G.A.L Basken. Die, die durch angebliche Terroristen getötet werden, sind nicht ohne Grund dafür ausgesucht worden. Im großen und ganzen ist es jedoch unmöglich, diese Gründe mit Sicherheit zu kennen. So mag man wissen, daß der Bahnhof von Bologna in die Luft flog, damit Italien weiterhin gut regiert wird, was die »Todesschwadronen« in Brasilien sind und daß die Mafia in den USA ein Hotel in Brand steckt, um einer Schutzgeldforderung Nachdruck zu verleihen. Wie aber kann man wissen, wozu eigentlich die »Tueurs fous du Brabant« gedient haben mögen? In einer Welt, in der so viele agierende Interessen so gut verborgen sind, fällt es schwer, das Prinzip Cui prodest? anzuwenden. So kommt es, daß man unter dem integrierten Spektakulären am Konfluenzpunkt einer überaus großen Anzahl von Geheimnissen lebt und stirbt.

Polizei- und Mediengerüchte nehmen augenblicklich, schlimmstenfalls nach drei- oder viermaliger Wiederholung, das unbestrittene Gewicht jahrhundertealter historischer Beweise an. Auf Geheiß der legendären Autorität des Spektakels vom Tage tauchen merkwürdige, in aller Heimlichkeit eliminierte Persönlichkeiten wieder als fiktive Überlebende auf, deren Rückkehr stets erwähnt oder vermutet und durch das bloße Geschwätz der Spezialisten bewiesen werden kann. Jene Toten, die das Spektakel nicht standesgemäß beerdigt hat, wandeln irgendwo zwischen Acheron und Lethe herum. Schlafen sollen sie, bis daß man sie wieder wecken mag, sie alle, der Terrorist, der wieder von den Hügeln hinabgestiegen, der Pirat, der von der See zurück ist und der Dieb, der nicht mehr zu stehlen braucht.

So wird überall Unsicherheit organisiert. Der Schutz der Herrschaft geht sehr oft durch Scheinangriffe vor, deren Behandlung in den Medien die wirkliche Operation aus den Augen verlieren läßt. So zum Beispiel der seltsame Handstreich Tejeros und seiner Zivilgardisten 1981 in den Cortes, dessen Scheitern ein anderes, moderneres Pronunziamiento kaschieren sollte, eines, das maskiert und dem Erfolg beschieden war. Das ebenso auffällige Scheitern eines Sabotageversuchs durch französische Spezialeinheiten 1985 in Neuseeland ist von manchen als eine List angesehen worden, deren Zweck es möglicherweise war, die Aufmerksamkeit von den zahlreichen neuen Verwendungsmöglichkeiten dieser Dienste abzulenken, dadurch, daß man den Glauben an ihre groteske Ungeschicktheit bei der Wahl der Ziele wie auch bei den Bedingungen der Durchführung erweckte. Mit größerer Sicherheit ist fast überall die Ansicht vertreten worden, daß die geologischen Nachforschungen nach Ölvorkommen im Boden unter der Stadt Paris,die mit viel Lärm im Herbst 1986 durchgeführt wurden, keine ernstere Absicht hatten, als zu messen, welchen Grad an Stumpfsinn und Unterwerfung die Einwohner wohl erreicht hatten und zwar dadurch, daß man ihnen angebliche Bohrungen zeigt, die wirtschaftlich gesehen hirnrissig sind.

So mysteriös ist die Macht geworden, daß man sich nach der Affäre der illegalen Waffenverkäufe an den Iran durch die Präsidentschaft der USA hat fragen können, wer wirklich in den Vereinigten Staaten, der stärksten Macht der sogenannten freien Welt, das Sagen hat? Und wer, zum Teufel, in der freien Welt dann das Sagen hat?

Gehen wir den Dingen tiefer nach, so weiß in dieser Welt, die offiziell so voller Respekt ist für wirtschaftliche Notwendigkeiten aller Art, niemand, was ein beliebiges Produkt wirklich kostet: tatsächlich wird der Hauptanteil der wirklichen Kosten nie berechnet und der Rest wird geheimgehalten.

 

XIX

General Noriega hat Anfang 1988 einen Augenblick lang Weltberühmtheit erlangt. Er war der titellose Diktator Panamas, eines Landes ohne Armee, in dem er die Nationalgarde befehligte. Denn Panama ist nicht wirklich ein souveräner Staat. Das Land ist seines Kanals wegen gegraben worden und nicht umgekehrt. Seine Währung ist der Dollar, und die wirkliche Armee, die dort stationiert ist, ist ebenfalls ausländischer Herkunft. Noriega hatte somit, hierin eins mit Jaruzelski in Polen, seine ganze Karriere als Polizei-General im Dienste des Besatzers gemacht. Er importierte Rauschgift in die USA, denn Panama bringt nicht genug ein, und exportierte seine »panamesischen« Kapitalien in die Schweiz. Er hatte mit dem C.I.A. gegen Kuba gearbeitet und zudem, um seinen wirtschaftlichen Aktivitäten einen adäquaten Deckmantel zu geben, den amerikanischen Behörden, die dermaßen besessen von diesem Problem waren, eine gewisse Anzahl seiner Importrivalen ans Messer geliefert. Sein erster Sicherheitsberater war der beste, der auf dem Markt zu finden war, und erweckte sogar Washingtons Neid: Michael Harari, ein ehemaliger Offizier des israelischen Geheimdiensts Mossad. Als sich die Amerikaner -mehrere ihrer Gerichtshöfe hatten ihn unvorsichtigerweise verurteilt – dieses Individuums haben entledigen wollen, ließ Noriega verlauten, er sei aus Vaterlandsliebe zu Panama bereit, sich tausend Jahre lang sowohl gegen sein meuterndes Volk als auch gegen das Ausland zu verteidigen; und auf der Stelle spendeten die biederen bürokratischen Diktaturen Kubas und Nicaraguas im Namen des Anti-Imperialismus öffentlich Beifall.

Weit entfernt davon, ein streng auf Panama beschränktes Kuriosum zu sein, war der General Noriega – der alles verkauft und simulierte einer Welt, die es ihm überall, durch und durch, gleichtut und zwar i als eine Art Staatsmann einer Art von Staat, als eine Art General, wie auch als Kapitalist – ein perfektes Beispiel des integrierten Spektakulären und der Erfolge, die es in den verschiedensten Richtungen seiner S Innen- und Außenpolitik möglich macht. Er ist ein Modell des Fürsten unserer Zeit; und die Fähigsten unter denen, die sich anschicken, die Macht zu ergreifen oder an der Macht zu bleiben, weisen große Ähnlichkeit mit ihm auf. Nicht Panama bringt dergleichen Wunder hervor, sondern diese Epoche.

 

XX

Für jeden Nachrichtendienst, hierin mit der richtigen clausewitzschen Theorie vom Kriege übereinstimmend, hat Wissen Macht zu werden. Daraus bezieht dieser Dienst gegenwärtig sein Prestige, diese ihm so eigene Poesie. Nun da die Intelligenz bis auf den letzten Rest aus dem Spektakel, das kein Handeln gestattet und über die Handlungen der Anderen nicht viel Wahres verlauten läßt, verjagt worden ist, scheint sie geradezu Zuflucht unter denen gesucht zu haben, die Tatbestände analysieren und auf diese geheim einzuwirken versuchen. Unlängst haben Enthüllungen, die Margaret Thatcher verzweifelt zu unterdrücken versucht hat – vergeblich jedoch und sie sogar noch bekräftigend- , gezeigt, daß in England diese Dienste bereits imstande waren, den Fall einer Regierung herbeizuführen, deren Politik sie als gefährlich erachteten. Die allgemeine Verachtung, die das Spektakel hervorruft, verleiht so dem neue Anziehungskraft, was aus anderen Gründen zu Kiplings Zeiten das »große Spiel« genannt wurde.

Im neunzehnten Jahrhundert, zu einer Zeit, da so viele gewaltige Sozialbewegungen die Massen erschütterten, war die »polizistische Geschichtsauffassung« eine reaktionäre und lächerliche Erklärung. Die Pseudo-Kontestatäre von heute wissen dies nur zu gut, vom Hörensagen und aus ein paar Büchern. Sie glauben, diese Schlußfolgerung bleibe für alle Zeiten wahr. Die wirkliche Praxis ihrer Zeit wollen sie nicht sehen, ist sie doch zu trist für ihre kalten Hoffnungen. Der Staat weiß das sehr gut und profitiert davon.

Zu einem Zeitpunkt, da fast alle Aspekte des internationalen politischen Lebens und eine wachsende Anzahl derer, die innenpolitisch von Bedeutung sind, im Stil von Geheimdienstoperationen gerührt und gezeigt werden, mit Ködern, Desinformation und doppelter Erklärung – die, die eine andere hinter sich verbergen mag oder bloß den Anschein davon hat -, gibt das Spektakel sich damit zufrieden, die ermüdende Welt des obligatorisch Unverständlichen vor Augen zu führen, eine langweilige Serie lebloser Kriminalromane, denen fast immer der Schluß fehlt. Hier hat die realistische Inszenierung eines nächtlichen Kampfes zwischen Negern in einem Tunnel für die hinreichende dramatische Spannung zu sorgen.

Die Dummheit glaubt, alles sei klar, wenn das Fernsehen ein schönes Bild gezeigt und mit einer dreisten Lüge kommentiert hat. Die Halb-Elite begnügt sich mit dem Wissen darum, daß fast alles obskur, doppelbödig und nach unbekannten Codes »abgekartet« ist. Eine geschlossenere Elite möchte gerne die Wahrheit kennen, die trotz aller Sonderinformationen und vertraulichen Mitteilungen, über die sie verfügt, in jedem Fall nur äußerst schwer auszumachen ist. Deshalb hätte sie liebend gerne gewußt, welche die Methode zum Erkennen der Wahrheit ist, wenngleich bei ihr diese Liebe im allgemeinen unglücklich bleibt.

 

XXI

Das Geheimnis beherrscht diese Welt zunächst als Geheimnis der Herrschaft. Dem Spektakel zufolge ist das Geheimnis weiter nichts als die notwendige Ausnahme zur Regel der auf der gesamten Oberfläche der Gesellschaft im Überfluß angebotenen Information, so wie die Herrschaft in dieser »freien Welt« des integrierten Spektakulären lediglich eine Exekutivabteilung im Dienste der Demokratie ist. Doch niemand glaubt dem Spektakel so recht. Wie kommt es, daß die Zuschauer die Existenz des Geheimnisses akzeptieren, welches an sich schon garantiert, daß eine Welt, deren wesentliche Realitäten sie ignorieren, auch nicht von ihnen verwaltet werden könnte, fragte man sie ausnahmsweise einmal nach ihrer Meinung darüber, wie dies zu bewerkstelligen sei? Tatsache ist, daß das Geheimnis so gut wie niemandem in seiner unzugänglichen Reinheit, seiner funktionellen Allgemeinheit vor Augen tritt. Ein jeder räumt ein, daß es ohne eine kleine, Spezialisten vorbehaltene Geheimzone gar nicht anders geht, und was die Dinge im allgemeinen betrifft, so meinen viele, ins Geheimnis eingeweiht zu sein.

La Boetie hat in seiner Rede über die freiwillige Knechtschaft aufgezeigt, wie die Macht des Tyrannen allenthalben Beistand finden muß in den konzentrisch um sie angelegten Kreisen von Individuen, die in ihr Nutzen finden oder zu finden glauben. Und so wissen denn viele unter den Politikern und Medienleuten, die sich etwas darauf einbilden, daß niemand sie der Verantwortungslosigkeit bezichtigen kann, so manches durch Beziehungen und vertrauliche Informationen. Wer damit zufrieden ist, ins Geheimnis eingeweiht zu sein, der wird sich schwerlich zur Kritik daran verleiten lassen, noch wird ihm klar werden, daß der hauptsächliche Wirklichkeitsgehalt dieser Nachrichten ihm stets vorenthalten bleibt. Durch die wohlwollende Protektion der Falschspieler kennt er ein paar Karten mehr, die allerdings gezinkt sein mögen. Die Methode, die das Spiel regelt und erklärt, bleibt ihm aber stets unbekannt. So identifiziert er sich denn unverzüglich mit den Manipulateuren und blickt verächtlich auf die Unwissenheit herab, die er im Grunde doch teilt. Denn die Brocken Information, die den Vertrauten der verlogenen Tyrannei vorgeworfen werden, sind gewöhnlich mit Lüge infiziert, unüberprüfbar und manipuliert. Denen, die zu ihnen Zugang haben, bereiten sie jedoch große Freude, denn sie fühlen sich denjenigen, die nichts wissen, überlegen. Im übrigen taugen diese Informationen einzig zum besseren Gutheißen der Herrschaft, nie aber, um sie wirklich zu verstehen. Sie bilden das Privilegium der l. Klasse-Zuschauer: jener, die so dumm sind und glauben, sie könnten etwas verstehen, nicht etwa dadurch, daß sie sich dessen bedienen, was man l ihnen verheimlicht, sondern indem sie glauben, was man ihnen enthüllt!

Die Herrschaft ist zumindest darin hellsichtig, daß sie nämlich von ihrer eigenen freien und ungehinderten Verwaltung für die allernächste Zukunft eine recht stattliche Anzahl von Katastrophen erster Ordnung erwartet und dies sowohl auf ökologischem – in der Chemie zum Beispiel – als auch auf wirtschaftlichem Gebiet – im Bankwesen zum Beispiel. Seit geraumer Zeit bereits hat sie sich mit den Mitteln versehen, diesen außergewöhnlichen Malheuren anders zu begegnen, als durch die gewohnte Handhabung der sanften Desinformation.

 

XXII

Was die seit mehr als zwei Jahrzehnten im Anstieg begriffene Zahl gänzlich unaufgeklärter Morde anbetrifft – wurde mitunter auch ein Komparse geopfert, kam es nie in Frage, zu den Auftraggebern zurückzugehen -, so wird ihr Serienproduktionscharakter in den flagranten und wechselnden Lügen der offiziellen Verlautbarungen deutlich; Kennedy, Aldo Moro, Olof Palme, Minister oder Bankiers, ein oder zwei Päpste und andere, die besser waren als sie. Dieses Syndrom einer erst seit kurzem erworbenen Gesellschaftskrankheit hat sich allerorts schnell verbreitet, so als stiege es, seit den ersten konstatierten Fällen, hinab von den Spitzen des Staates, der herkömmlichen Sphäre solcher Attentate und gleichzeitig aus den Niederungen der Gesellschaft empor, der anderen gewohnten Stätte illegaler Schieberei und Protektionen, wo diese Art Krieg, unter Profis, von jeher gang und gäbe ist. Diese Praktiken neigen dazu, einander in der Mitte, im Geschäftsmilieu der Gesellschaft, zu begegnen, so als ob der Staat eine Einmischung wirklich nicht als unter seiner Würde erachtete und es der Mafia gelänge, sich dorthin emporzuschwingen, wodurch eine Art Vereinigung zustande kommt.

Was ist nicht alles angerührt worden, um diese neue Art von Geheimnis aus dem Zufall zu erklären: Unfähigkeit der Polizeiapparate, Dummheit der Untersuchungsrichter, inopportune Presseenthüllungen, Wachstumskrise der Geheimdienste, Böswilligkeit der Zeugen und Streik der Denunziantenkorporation. Und doch hatte bereits Edgar Allan Poe durch seinen berühmten Gedankenschluß im Doppelmord in der RueMorgue herausgefunden, in welcher Richtung die Wahrheit mit Sicherheit zu suchen ist:

»Mir scheint, als ob das für unlösbar gehaltene Geheimnis durchaus nicht unergründlich ist. Ich will damit sagen, daß gerade der outrierte Charakter aller Einzelheiten nur ein kleines und deutlich begrenztes Feld von Vermutungen zuläßt… Bei Untersuchungen dieser Art sollte man nicht so rasch fragen: was ist hier geschehen, als: was ist hier geschehen, was noch nicht vorher geschehen ist.«

 

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