Und das Meer bleibt stürmisch… (aus Italien)

Der folgende Text über die kürzlichen
Geschehnisse in Italien wurde der Zeitschrift "Entfesselt" entnommen.
Die Dezemberausgabe ist soeben erschienen und hier herunterzuladen: "http://www.abc-berlin.net/"

Ein
weiterer interessanter Text zur Situation in Italien befindet sich in
der 2. Ausgabe der Zeitschrift "A Corps Perdu", die hier
herunterzuladen ist:
"http://content.wuala.com/contents/acorpsperdu/Documents/ACP2.pdf?lang=de&dl=1"

 

Und das Meer bleibt stürmisch…

In
Italien gab es neulich wieder eine Reihe von Verhaftungen,
Sonderüberwachungsmaßnahmen und weiteren Repressionsschlägen gegen
kämpfende GefährtInnen. In Trento (Norditalien) wurde diesen Herbst ein
Gebäude besetzt, in welchem verschiedene anarchistische Aktivitäten
stattfanden und Kämpfe, wie unter anderem die gegen den geplanten
Militärstützpunkt in Mattarello, koordiniert wurden.

Das
besetzte Gebäude wurde prompt von der Polizei nach drei Wochen geräumt.
Für die AnarchistInnen, die dort waren, bedeutet dies erstmal
Ermittlungen und um die 30 Stadtverbote für drei Jahre. Anfang November
wurde das Gebäude wieder besetzt und geräumt, die GefährtInnen, die
sich diesmal dort befanden, verteidigten sich gegen die anrückenden
Bullen. Mike, Evelin und Sara wurden kurz danach verhaftet und unter
Hausarrest gesetzt. Im gleichen Zeitraum wurden fünf GenossInnen in
Mailand verhaftet. Ein besetztes Haus in Mailand wurde von 90 Bullen
gestürmt, um Sid, Paolino, Marcelo, Tia und Inez zu verhaften: sie
sollen am 3.10. einige hunderte Flugblätter in einem
Universitätsbuchladen kopiert, nicht bezahlt und die Betreiber
zusammengeschlagen haben. Der Buchladen gehört aber den bekannten
katholischen Faschisten von „Kommunion und Befreiung“ (CL), eine rechte
christliche Bewegung, die nicht nur in Italien gute Beziehungen zu den
Mächtigen kultiviert und deshalb auch als ein sehr gutes Ziel für
Enteignungsaktionen (und sonstiges) gesehen werden kann. Während vier
GenossInnen unter Hausarrest gesetzt wurden, bleibt Sid im Knast.
Einige solidarische Aktionen wie Demonstrationen und ein Angriff auf
diesen Buchladen fanden schon statt.

In Verona wurden Mitte
November Pasquale und Luca verhaftet, weil sie einen stadtbekannten
Neonazi, der auf seinem Konto schon einige Angriffe auf AnarchistInnen
und MigrantInnen hat, zusammengeschlagen haben sollen. Pasquale wurde
unter Hausarrest gesetzt, während Luca sich im Knast Montorio befindet,
er veröffentlichte neulich einen Brief über die schrecklichen Zuständen
in diesem Knast. Vor Gericht stehen auch die AnarchistInnen aus Lecce,
Süditalien, die im Jahr 2005 im Rahmen der „Operation Nottetempo“
verhaftet wurden (mehr dazu in den letzten Ausgaben der Entfesselt und
unserer Broschüre „Repression gegen italienische AnarchistInnen“), weil
sie einen entschlossenen Kampf gegen den dortigen Abschiebeknast
vorangetrieben haben. Nun geht der Prozess in die zweite Instanz,
nachdem in der ersten für fünf GenossInnen Strafen zwischen ein und
fünf Jahren gesprochen wurden, darunter auch für den Vorwurf der
kriminellen Vereinigung. Über Leo, Christos und Alfredo könnt ihr in
den entsprechenden Beiträgen in dieser Entfesselt lesen.


 

Hier ein Text von GefährtInnen aus Trento und Rovereto, die einige Sachen auf den Punkt bringen:

Der Traum eines möglichen Aufstands mit offenen Augen
Solidarität mit den GenossInnen, die von der Repression getroffen wurden


Uns
bewusst, dass die beste Form der Solidarität gegenüber den GenossInnen,
die von Repression getroffen werden, die ist, die Kämpfe weiterzuführen
und überall die Selbstorganisierung und die direkte Aktion zu
verteidigen und zu verbreiten, möchten wir mit diesen Zeilen unsere
Komplizenschaft mit den vielen GenossInnen verdeutlichen, die in
letzter Zeit entweder verhaftet worden sind oder Prozesse haben.

Falls
es Kämpfe gibt, die sich gegen spezifische Ziele
richten(Hochgeschwindigkeitszüge, Deponien, Müllverbrennungsanlagen,
Räumungen, usw.), an denen auch andere Ausgebeutete teilhaben können,
dann ist es wichtig unseren klaren theoretischen sowie praktischen
Freiheitsbeitrag dort einzubringen, auch wenn die Kämpfe von anderen
Menschen initiiert werden. Noch besser ist es, wenn wir die Kämpfe von
Anfang an selbst erschaffen, sie gestalten, auf eine horizontale,
antiautoritäre und konfliktbereite Weise.

Aber wir alle wissen
genau, dass durch unzählige Schandtaten (Abschiebeknäste, Knast,
soziale Kontrolle, technowissenschaftliche Entwicklung usw.) die
subversiven Minderheiten in dieser Mitternacht des Jahrhunderts sehr
isoliert sind. Deshalb denken wir, dass die sozialen Kämpfe und die
autonomen Praktiken einer agierenden Minderheit nicht getrennt werden
können. Aber auch, dass es notwendig ist zu verstehen, dass wenn wir
heute aufgeben zu handeln – auch mit wenigen, auch gegen Winde und
Seegänge – genau dies den totalen sozialen Frieden ermöglicht.

Um
zu sagen, dass die GenossInnen, die beschuldigt wurden Banken oder
Postbüros ausgeraubt zu haben oder mit Gewalt der faschistischen Gewalt
entgegengetreten zu sein; Kopien gemacht haben ohne die klerikalen
Mafiosi von CL (Anm. d. Üb.: ein rechter katholischer Verband, siehe
Vorwort) bezahlt zu haben; gegen die Infamie eines Abschiebeknastes
gekämpft zu haben, ohne sich dabei um das Strafgesetzbuch zu kümmern;
unsere ganze Komplizenschaft haben.

Nicht nur weil wir oft
ihre Anstrengungen oder Kämpfe geteilt haben oder teilen, sondern weil
sie mit der Freiheit des Verbrechens dazu beigetragen haben einen
erschreckenden sozialen Frieden zu stören. Dass die Vorwürfe der
RichterInnen und Bullen ihnen gegenüber begründet seien oder nicht,
interessiert uns nicht.

Ihr Traum eines möglichen Aufstanda mit offenen Augen ist auch der unsrige. 

 

Freiheit für Alfredo, Christos, Leo, Luca, Pasquale, Sid, Paolino, Marcelo, Mattia, Inez!
Solidarität mit den GenossInnen aus Lecce, die vor Gericht stehen!

 AnarchistInnen aus Rovereto und Trento

 

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