Den zwei Anarchisten Philipp und Ivo drohen drei Jahre Gefängnis wegen mehrfacher qualifizierter Brandstiftung!
Am 14. November 2009 wurden unsere Freunde und
Anarchisten Philipp und Ivo von der aargauischen
Polizeisondereinsatztruppe "ARGUS" verhaftet. Die Polizeitruppe brach
um ca. 5 Uhr Morgens die Tür vom Elternhaus von Philipp in Aarau
(Schweiz) auf und nahm dort die Beiden fest. Bei der Verhaftung der
beiden Jugendlichen, welche noch schliefen, wurden sie mit Schusswaffen
bedroht und mit Augenbinden abgeführt. Sie wurden in dieser Nacht
beobachtet, wie Philipp an einer Kreuzung stand und Ivo kurz in eine
Strasse verschwand, wo unmittelbar darauf ein Auto brannte.
Seit
dem Mai 2009 sind im Aarauer Stadtteil Zelgli insgesamt sieben Autos
der gehobenen Klasse und ein Polizeiauto angezündet worden. Daher wurde
der Stadtteil auch schon eine längere Zeit polizeilich Überwacht, was
Philipp und Ivo zum Verhängnis geworden ist. In Untersuchungshaft
wurden den zwei Inhaftierten mitgeteilt, dass gegen sie wegen
mehrfacher qualifizierter Brandstiftung (wobei zweimal Gefahr für Leib
und Leben von Personen bestand) und Sachbeschädigungen ermittelt werde.
Laut der Kantonspolizei Aargau, seien die brennenden Autos von massiven
Sprayereien begleitet worden.
Die zwei ehemals Inhaftierten
waren in der Zeit von ihrer Untersuchungshaft vom 14. November bis am
30. Dezember 2009 in Einzelhaft untergebracht. Ivo war im Gefängnis des
KAPO-Posten an der Tellistrasse und Philip beim Amtsgericht an der
Laurenzenvorstadt untergebracht. Besuch durften sie einmal in der Woche
für eine halbe Stunde von maximal zwei besuchsberechtigten Personen
empfangen. Einmal am Tag durften sie für 30 Minuten nach draussen,
wobei die 30 Minuten teilweise auch kürzer sein konnten. Zu Verfügung
steht ihnen in der Zelle lediglich einen Fernseher und Bücher aus der
dortigen Bibliothek. Durch diese Isolation und dem Druck dem Beide
ausgesetzt sind, ging es ihnen teilweise sehr schlecht. Laut dem
zuständigen Aarauer Bezirksamtmann Gautschi sei die lange
Untersuchungshaft – aufgrund der Kollusionsgefahr – nicht unbegründet.
Die Frage stellt sich, ob Dieter Gautschi unvoreingenommen in seinem
Amt als Untersuchungsrichter tätig sein kann. Denn die Brandserie traf
mehrfach Freunde aus seiner eigenen Partei – der Schweizerischen
Volkspartei. Dafür spricht auch, dass Dieter Gautschi Briefe an oder
von den Inhaftierten bis zu drei Wochen zurückgehalten hat. Obwohl
einer der ehemals Inhaftierten den Bezirksamtmann und weitere Beamte
bei der Verhaftung aufmerksam gemacht hat, dass er Veganer sei wurde
ihm bis zum letzten Tag Fleisch zu Essen gegeben – auch nach
Intervenieren de Anwaltes.
Die Medienhetze blieb nicht aus.
Schuldig waren sie sowieso von Anfang an. Die Boulevardzeitung «Blick»
veröffentlichte dann auch ein Foto und die Namen der Beiden. Den
Blick-Artikel nutzte dann wohl auch das dubiose konservative Infoportal
«Winkelried» und trieb dort nun die Hetze gegen die zwei ehemals
Inhaftierten auf die Spitze. Von «Attentäter» ist dort die Rede und es
wurden die Namen der Beiden und sogar der einen Mutter und deren
Firmenadresse veröffentlicht. Regionale Medien belagerten das Wohnhaus
eines Angeklagten und setzten dessen Familie mit massiven
Telefonanrufen einem grossem Stress aus.
An der
Pressekonferenz vom 6. Januar 2010 informierte die Kantonspolizei
Aargau über den aktuellen Sachverhalt. Ivo und Philipp gestanden
lediglich der letze Fall von Brandstiftung, da dort die Beweislage
erdrückend war. Die Polizei macht die beiden Anarchisten für weitere
fünf Brandanschläge verantwortlich, obwohl dank der Standortbestimmung
ihrer Natels offensichtlich wurde, dass sich die Beschuldigten zur
Tatzeit nicht am Tatort befanden. Zwei der acht Autobrände konnten
jedoch gar nicht zugeordnet werden. Insgesamt entstand bei den
Fahrzeugen einen Sachschaden von 250 000 Franken. Ebenfals haben Ivo
und Philipp diverse Sprayereien zugegeben, wo sich der Sachschaden auf
100 000 Franken beläuft. Gemäss Angaben der Polizei bestand in zwei
Fällen der Brandstiftung auch eine Gefahr für Leib und Leben und somit
droht eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren. Die
Untersuchungen sollen im Sommer abgeschlossen werden und die
Gerichtsverhandlung wird im nächsten Winter erwartet.
Die
Solidarität mit Ivo und Philipp darf jetzt aber nach ihrer Entlassung
aus der Untersuchungshaft nicht enden. Um (finanzielle) Unterstützung
sind beide immer noch sehr froh. Organisiert also auch in eurer Stadt
Soli-Aktionen.
Freiheit für alle Gefangenen – Solidarität ist eine Waffe!
Für eine Welt ohne Knäste – Feuer und Flamme der Repression!
Antirep Aarau,8. Januar 2010
antirepaarau@immerda.ch
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Zur Namens- und Veröffentlichungsdiskussion:
Wir
haben bis jetzt die Namen der Beiden nicht ausgeschrieben, da wir auf
sie Rücksicht nehmen wollen. Und auch wenn u.A. der Blick diese
veröffentlicht, ist das für uns kein Grund, dies sofort zu übernehmen.
Denn liest nicht jede_r dieses Blatt und ausserdem dachten wir vor
allem auch an die Zeit nach der U-Haft, wo die Beiden wohl eher ihre
Ruhe haben möchten und nicht von jedem zweiten anquatscht werde, es sei
doch X oder Y. Nach Absprachen mit Philipp und Ivo, ist es nun aber für
sie in Ordnung, wenn ihre Vornamen in Texten ausgeschrieben werden.
Ebenfals
aus Rücksicht bzw. auf Wunsch von Philipp und Ivo haben wir nicht
sofort öffentlich bekannt gegeben, dass sie am 30. Dezember aus der
Untersuchungshaft entlassen wurden. Dies hätte nur noch mehr Anrufe,
Interview-Anfragen etc. mit sich geführt. Verständlich sollte es sein,
dass man nach solcher Zeit etwas Ruhe braucht. Mit der
Polizeipressekonferenz, wollten dann auch wir darüber informieren –
schafften dies aber so kurzfristig nicht.