Folgender Text wurde aus der Entfesselt (Juni 09) entnommen.
Tod eines anarchistischen Genossen in Chile
Am
22. Mai war eine starke Explosion in der Nähe der Schule der
Gendarmerie in Santiago de Chile zuhören. Verursacht wurde diese durch
einen Sprengkörper, welchen Mauricio Morales, 27 Jahre alt, in seinem
Rucksack dabei hatte.
Mauricio, ein aktiver anarchistischer Genosse in den dortigen Kämpfen,
kommt sofort ums Leben. Die chilenischen GenossInnen vermuten, dass die
Bombe für die Schule der Gendarmerie (eine Bullenkaserne) bestimmt
gewesen war. In den darauffolgenden Stunden wurde das besetzte Haus “La
Idea” mit Hubschraubern und von bewaffneten Spezialeinheiten umstellt
und durchgesucht, um Sprengstoff zu finden. Außerdem sprachen die
Behörde davon nach einem zweiten Genossen zu suchen, welcher angeblich
bei der Explosion mit Mauricio zusammen gewesen sein solle. Es fanden
massive Zerstörungen in den Räumlichkeiten von Seiten der Bullen statt
und die GenossInnen wurden erst einmal brutal festgenommen und unter
Druck gesetzt, um Aussagen zu machen, was diese aber nicht taten. Nach
Stunden auf dem Bullenrevier wurden alle wieder entlassen. Aber drei
GenossInnen aus Argentinien müssen sich nun täglich bei den Bullen
melden. Die Zeitungen sprechen gerade von vier Haftbefehlen und von
über 20 Personen, die als verdächtig gelten sollen.
Weitere Durchsuchungen fanden statt, eine im besetzten sozialen Zentrum
“Sacco y Vanzetti” konnte von den Bullen nicht durchgesetzt werden,
aufgrund der vielen solidarischen Menschen, die ihre Unterstützung
zeigten und das Zentrum verteidigten.
Am 24. Mai fand die Beerdigung von Mauricio statt, wo viele GenossInnen
anwesend waren, um dem Genossen einen letzten Gruß zu geben.
Momentan ist die Situation extrem chaotisch. Medien, Politik und
Polizei sind auf der wilden Suche nach den anarchistischen
BombenlegerInnen, die Luft ist sehr dick.
Sprengstoffanschläge seitens anarchistischer Gruppen oder Individuen
sind keine Seltenheit in Chile und nehmen seit einigen Jahren ständig
zu, oft sind sie gegen die repressiven Behörden gerichtet. Es gibt
außerdem eine informelle Koordinierung anarchistischer, aufständischer,
klandestiner Gruppen, die Aktionen unternehmen. Sie haben auch eine
Erklärung zum Tod vom Mauricio veröffentlicht.
Es gab auch schon ein paar Antworten, um den Tod nicht unbemerkt zu
lassen und zu zeigen, dass der Kampf fortgesetzt wird. Am 25.5. wurde
Barrikaden in verschiedenen Straßen des Bezirks Villa Francia in
Santiago de Chile angezündet. In Mexiko wurde ein Sprengkörper von
einer Zelle des FLA – CPV (Animal Liberation Front – Verschwörung für
die Rache) in einer Pelzmesse hinterlassen, da Mauricio Veganer war.
Außerdem sind einige Leute in eine Polizeistation der Stadt Coacalco
eingedrungen und haben Gegenstände sowie Radios und Computer der
Polizei angezündet und anarchistische Parolen hinterlassen. In
Barcelona wurde ein Kran, mit welchem die neue U-Bahnlinie gebaut wird,
im Gedanken an Mauricio angezündet.
Wir veröffentlichen hier eine Erklärung des besetzen anarchistischen
sozialen Zentrums “Sacco y Vanzetti” über den Tod des Genossen.
Geschrieben als das Haus gegen die Durchsuchung verteidigt wurde.
Wir erkennen uns sehr stark im Geist dieser Erklärung wieder, in den
Anstrebungen keinen Märtyrer schaffen zu wollen und die Trauer nach dem
Tod eines Genossen in die fortgeführten Angriffe gegen das Bestehende
umzuwandeln, als besten Weg einen solchen Verlust beantworten zu
können. Wir denken, dass dies auch sein Wunsch gewesen wäre. Die Worte
dieser Erklärung sind Worte, die unsere Herzen bewegen, genauso wie ein
weiterer Verlust eines Genossen innerhalb eines Kampfes, der jeden Tag
von beiden Seiten härter wird.
Im Gedanken am Mauricio, unsere Gefühle gehen an seine Verwarnten und
all die GenossInnen, die gerade dem Angriff des chilenischen Staates
unterworfen sind.
Weitere Infos findet ihr auf spanisch unter: www.hommodolars.org
Es ist ein Kämpfer gestorben, aber unsere Feuer geht nicht aus…
Mauricio Morales, ein Bruder für uns, ist heute morgen gestorben. Er
war dabei einen Sprengkörper zu transportieren, dieser ist auf seinem
Rücken hochgegangen, er hat ihn sofort getötet. Es wird angenommen,
dass die unheilvolle Institution der Gendarmeriekaserne das Ziel seines
Angriff sein sollte.
Er ist als Kämpfer gestorben, indem er ohne Ängste und Abstufungen
jegliche Art von Macht in Angriff genommen hat. Er hat sich entschieden
seinen Hass in Aktion zu verwandeln, indem er sein alltägliches Leben
in einen andauernden Kampf gegen das Bestehende verwandelt hat.
Veröffentlichungen, direkte Unterstützung von eingesperrten
GenossInnen, Verbreitung von anarchistischer und antiautoritärer
Literatur, Versammlungen für die Propaganda der Ideen sind die Messer,
die er während seiner Existenz geschärft hat. Er hat versucht seinen
Beitrag zur Zerstörung dieser Gesellschaft, die auf der Logik der Macht
und Ausbeutung basiert, auf unterschiedliche Art und Weisen zu geben.
Die Trauer zerreißt gerade unsere Herzen, allerdings bleibt es wichtig,
sich nicht herunterziehen zu lassen, nicht in Lethargie zu fallen, die
aus dem Verlust eines Genossen entsteht. Wir dürfen nicht vergessen,
dass er mit dem Blick an seinem Ziel gestorben ist. Und diese Sache
muss uns bewegen, muss uns helfen unsere Augen zu öffnen.
Wir sind im Krieg, die Schläge werden mehr und von unterschiedlicher
Art und Weise sein, aber ein/e KämpferIn ist jemand, der/die nicht
aufhört, der/die nicht hinkt, der/die aus seinem/ihrem Leben eine
ständige Bewältigung von Hindernissen – neben vielem weiteren – macht.
Die Rohheit des Todes schlägt uns und das Erdloch ist so groß, dass es uns viel abverlangt zu glauben, was gerade abgeht.
Der Tod oder der Knast sind nicht bloß Parolen, heute sind für uns ein
Satz, der mit Blut und Feuer tätowiert ist. Aufgrund des traurigen
Verlustes von Mauri reiben sich die Polizei, die Magistraten und die
Presse die Hände und gehen zum Gegenangriff über, indem sie die zwei
sozialen Zentren “Cueto con Andes” und “La Idea” durchsuchten. Die
Gewalt der beiden Operationen überrascht uns überhaupt nicht, der Krieg
wurde unternommen, ohne Beschaulichkeiten und wir nehmen das zur
Kenntnis.
Die durchgesuchten besetzen Häuser befinden sich in unserem Bezirk, das
Getümmel, welches von den Repressionsgruppen verursacht wurde hat uns
verstehen lassen, dass ihr Ankommen bei uns auch ansteht. Trotzdessen
sind solidarische GenossInnen hierher gekommen, um ihre Solidarität zu
zeigen, während der gesamte Bezirk militarisiert wurde. Wir haben
Widerstand geleistet und die repressiven Kräfte haben es bis jetzt noch
nicht geschafft in unser Haus einzudringen, trotz der Voraussagen.
GenossInnen, wir sind uns bewusst, was demnächst passieren wird, wir
wissen, dass wir sehr schwierige Tage und Monate vor uns haben. Aber
wir wissen auch, dass die Trauer und der Schmerz wegen dem Verlust
unseres Bruders uns nicht paralysieren wird.
Wir betonen nochmal, dass er im Kampf gestorben ist, dass die Offensive unterschiedliche Formen hat.
Wir appellieren an die Tatsache, dass die schöne Flamme seines
anarchistischen Herzens sein unwiederbringlicher Wunsch nach die
Vernichtung dieser Realität verbreiten wird.
Sein Körper liegt nun gefangen in den Händen der Polizei und seiner
SöldnerInnen, aber die Energie seines Lebens bleibt unter uns, bei den
GenossInnen, die mit ihm und auf unterschiedliche Art und Weise sich
gegen alles, was uns in Sklaven verwandeln will, auseinandergesetzt
haben bzw. auseinandersetzen.
Angeregt bedanken wir uns wegen der ehrlichen Unterstützung der
solidarischen GenossInnen, genauso wie wir ins Gesicht derjenigen
spucken, die aus ihren Leben bloß eine statische Kritik machen,
beschützt von Bequemlichkeiten und Ehrfurcht.
Mut, GenossInnen, und auf der Hut sein!
Sie werden auch hierher kommen, früher oder später, da haben wir keine
Zweifel daran. Was aber wichtig ist, ist dass sich die gnadenlose
Kritik an der gegebenen Ordnung verstärken wird und sich wie die
schwarze Pest (schwarze Pest: das wäre der Name des als nächstes
anstehenden Verlagsprojekt unseres Bruders Mauri gewesen) verbreiten
wird. Das rächende Feuer unserer Genossen gibt uns die Kraft, um die
Existenz in einer dauerhaften Auseinandersetzung halten zu können.
Für dich Mauri, eine kräftige Umarmung und hab keine Zweifel: wir
werden weiter für die Zerstörung der Macht kämpfen. Du bist mit uns,
wir fühlen hier dein Lächeln und deine Kraft. Auf dem Dach unseres
Hauses posierend, an die Horizont schielend….niemals besiegt, noch
bereuend.
Besetztes soziales Zentrum und Bibliothek Sacco y Vanzetti,
22. Mai 2009, Santiago de Chile.
“Lasst uns unsere Trauer in Zorn
und unseren Zorn in schwarzes Pulver verwandeln”