Ein Brief von Marco Camenisch zu seiner Verlegung:
„Liebe GenossInnen
Do. 7.10 10 vor Arbeitsbeginn Nachmittags wurde ich über Gegensprechanlage der Zelle „informiert“ es habe keine Arbeit, ich könne auf der Zelle bleiben (in 6 Jahren nie dagewesen. Ha,ha…), dann wurde ich ins Abteilbüro gerufen, „ Herr Hauenberger (Chef Abteile 5-8) wollte mich sprechen“, da war er aber nicht und zwei Prätorianer-Wärter (gross, nach viel Muskel und wenig Hirnmasse ausgewählt) brachten mich zum Umkleide- und Effektendienst („der Hatschier muss Ihnen etwas zeigen“, übliche Masche..) Dort weitere Prätorianer, mir wurde die Versetzungsverfügung von Herrn Thomas Noll, sattsam bekannter „Vollzugschef“ Direktionsmitglied und ehemaliger Notfallpsychiater Pöschwies, vorgelegt. Versetzung wegen „Gefährdung Anstalt wegen Demos“ und „Gefährdung des Personals“. Entzug der aufschiebenden Wirkung aus „Sicherheitsgründen“ der 10-tägigen Rekursfrist, und Orbe habe mich zu meiner Weiterinternierung bereit erklärt. Musste mich umkleiden und ohne Effekten „kommen nach“ mit einschneidenden Kabelbindern an den Handgelenken am Gurt befestigt und Fussketten, an der Klappenkiste befestigt, mit 4 ZH Bullen losfliegen. Landung Yverdon les Bains auf einem von vermummten Bullen abgesperrten Industrieparkplatz. Die brachten mich mit Transporter rasch hierher, wo ich im Eintrittsabteil“ neugierig auf meine „Ware“ warte. Immerhin in „Privatkleidern“ Uniform gelte für die Arbeit. Auch sonst sieht es so aus, als werde hier Perfidie und Schwachsinn
etwas weniger auf die Spitze getrieben als im Avantgardeknast Pöschwies des Justizabschaums ZH.
Ist aber soweit irrelevant, relevant hingegen ist die eindeutige politische Repressalie und
Geiselstatus-Dynamik als politischer bzw. Kriegsgefangener vom Staat und Kapital, und
Verantwortlichkeit der Kantone bzw. Institutionen Zürich/Vaud.
Nun nehme ich aber keinesfalls an, dass sich militanter Widerstand durch kopflose und schwäche beweisende Symptombekämpfung seitens der Repression so billig ins Bockshorn jagen, einschüchtern und erpressen lässt… (smily) Sondern im Gegenteil, dass sie ihre Lage nur noch ein klein wenig verschlimmert haben, dass auch diese weitere kleine Entlarvung ihrer paranoiden Verkommenheit wieder um zu auch grundlegender
militanter Reflexion, Analyse und theoretisch-praktischer Entwicklung und Stärkung als korrekte Richtung weit über den spezifische (Fall, Repression) hinaus bewirken kann…
Seid herzlich umarmt , a presto
Marco“
Eine etwas zuvor nach aussen gelangte sprachliche Aufzeichnung von Marco:
„Hallo alle Lieben, wie gut dass es euch gibt. Wir drinnen wissen, dass wir in euren Herzen und Gedanken sind und auch wir sind in Gedanken und im Herzen immer mit euch. Wir tun das Richtige, wenn wir uns unter Generationen, Anstrengungen, Herkünften, Befreiungskämpfen, Tendenzen, Autonomien und Sensibilitäten treffen, die auch sehr verschieden sind. Um diese Distanzen zu überwinden, mit dem Ziel uns im Kampf um die Freiheit zu vereinen.
Das scheinen grosse Worte aber ihr seid sicher einverstanden, dass der Kampf gegen die Repression zum Kampf um die Freiheit gehört und wohl auch damit, dass sich der Kampf um die Freiheit sicher nicht auf Kampf gegen die Repression oder auf Teilkämpfe für die Freiheit von einzelnen Leuten und Völkern, für die Tiere, für die Welt – und so weiter – beschränken kann.
Dieses Bewusstsein ist sicher nicht wichtig und dazu da, um Gleichförmigkeit zu machen, sondern um unsere Kämpfe, den Kampf gegen den gemeinsamen Feind – nämlich Herrschaft, Ausbeutung und Zerstörung – zu vereinen. Und natürlich für unser gemeinsames Ziel, nämlich ein Leben ohne Herrschaft und Ausbeutung.
Wir tun auch das Richtige und Notwendige, wenn wir beginnen und fortfahren uns in allererster Person einzusetzen und wenn wir beginnen und fortfahren in allererster Person unseren Beitrag zum Kampf zu geben. Ihr beginnt oder führt den Kampf fort für den wir im Knast sitzen und darum sitzen wir nicht für nichts im Knast und darum bleibt unser Beitrag zum Kampf von vorher und jetzt so unersetzlich, wie jeder andere Beitrag zum Kampf.
Also, eine gute Auseinandersetzung und gute Arbeit. Und ich umarme euch fest und bin voll Dankbarkeit und Stolz, weil ich zu euch gehöre. Danke Andi, dass sie euch meine Stimme gebracht hat und Ciao zusammen!“