Gegen Abschiebezentren, gegen alle Knäste! 1.Okt.Demo-Brüssel

Aufruf zur Demonstration am
1. Oktober 2010, 19:00 Gare du Midi – Brüssel

(in dieser Zeit findet auch das No-Border Camp in Brüssel statt)
Gegen Abschiebezentren Gegen alle Gefängnisse Gegen alle Grenzen Gegen den Staat

Folgende Texte wurden aus einem A3 Faltblatt übersetzt, das in diesen Wochen grossflächig in Belgien verteiltet wird und von diesem in Belgien seit mehreren Jahren andauernden sozialen Kampf spricht.

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Unser Kampf gegen die Abschiebelager ist ein revolutionärer Kampf, ein Kampf der nicht bloss auf die Zerstörung dieser Lager abzielt, sondern auf die Umwälzung der Gesellschaft als Ganzes. Er ist ein Kampf, der niemals was auch immer von den Politikern oder den anderen Repräsentanten der Macht fordern wird, schlichtwegs, weil sie die Verantwortlichen unserer täglichen Sorgen und unserer Probleme sind. Er ist ein Kampf gegen die Mächtigen und ihre Strukturen, gegen alle Gefängnisse, gegen den Terror der Lohnsklaverei, gegen die Eigentümer, die Gerichtsvollzieher, die Richter und Bullen. Er ist ein Kampf gegen eine Gesellschaft, die sich auf Hierarchie und Macht begründet.

Er ist auch ein Kampf für etwas anderes. Ein Kampf für eine totale soziale Umwälzung, für die soziale Revolution, für die kraftvolle und leidenschaftliche Entfaltung eines jeden. Ein Kampf für die Solidarität, für die Lebensfreude, für die Freiheit. Er ist ein Kampf, dem sich alle annehmen können, der beginnt, wenn jemand entscheidet, dass es genug ist, und dass er seine eigenen Grenzen überschreiten wird, um das möglich zu machen, was unmöglich schien. Er ist ein Kampf, der von einer von Positionen und Rollen befreiten Welt träumt und der sein Ziel bereits im Innern seines Kampfes realisiert. Ein Kampf, in dem wir uns mit dem brennenden Herz und der Liebe von Kameraden wiederentdecken können, ein Kampf für die Anarchie. Und all das, was wir tief in unseren Herzen tragen, kann einzig durch den Kampf wachsen, um niemals zu verkümmern…

Gegen den Bau eines neuen Abschiebezentrums in Steenokkerzeel

Anfang Mai 2009 hat der Staat mit dem Bau eines neuen Abschiebezentrum [centre fermé] in der Nähe von Brüssel begonnen. Er befindet sich gleich neben einem anderen Zentrum: dem 127bis in Steenokkerzeel. Seit da ist ein Kampf im Gange. Ein Kampf, der nicht bloss diesen Bau verhindern will, sondern auch die Gefängnisse, die Grenzen und die Staaten in seine Visierlinie stellt. Denn die Abschiebezentren sind nicht so sehr “eine Sache für sich”, sondern vielmehr eines der Werkzeuge, mit dem dieses System versucht, sein Überleben zu sichern.

Der Kampf gegen die Abschiebezentren in Belgien ist nicht von Gestern. Seit mehr als zehn Jahren kämpfen Leute auf verschiedene Weisen dafür, diese Lager verschwinden zu lassen. Im Innern der Zentren brachen viele Revolten aus. Der Staat hat sich also vorsichtshalber entschlossen, den Bau eines neuen Abschiebezentrums in dicke Rauchschwaden zu hüllen: Indem er es als etwas präsentiert, das niemanden zu kümmern braucht, das nichts über die Gesellschaft aussagt, in der wir leben, das kein Gefängnis sei, sondern ein einfaches “Aufnahmezentrum”. Ein erstes Ziel dieses Kampfes war, und ist noch immer, diesen eisernen Vorhang herunterzureissen. Man muss auch wissen, dass das Ausländerbüro, die föderale Instanz, die die Abschiebezentren und die Ausschaffungen von Sans-Papiers verwaltet, verhindert, zu viele Informationen bezüglich der Revolten und Aufstände, die in den Zentren stattfinden durchsickern zu lassen. Dort versuchen sie jene zu isolieren, die sich gegen die Ausschaffungen auflehnen, sie versuchen, zu verhindern, dass eine Solidarität in Gang kommt; eine Solidarität, die nicht irgendeine Barmherzigkeit zum Ausgangspunkt hat, sondern ein gegenseitiges Wiedererkennen in der Revolte.

Diese letzten Monate wurden an verschiedenen Orten in Belgien zahlreiche Flyer gegen die Abschiebezentren verteilt; die Mauern der Städte sind mit Plakaten und Slogens bedeckt worden und wiederholte Male sind Leute, mit Flyern und Farbe in den Händen, durch die brüsseler Quartiere gezogen. Diese Agitation versuchte mit der Stille zu brechen und die Existenz von Abschiebezentren in einer breiteren Perspektieve zu sehen. Denn ein Abschiebezentrum ist nicht bloss ein Haufen von Stacheldraht, sondern ist Teil einer ganzen Maschinerie, die die Abschiebung jener ermöglicht, die der Staat als “Unerwünschte” betrachtet. Von den Unternehmen, die die Zentren erbauen und verwalten (wie Besix, Valens, Michiels NV., Fabricom, Dalkia, die Bontinck Architekten,…), jenen, die dort Dienste erbringen (wie ISS Cleaning, Die Postbank, Sodexo Catering) bis zu in der Migrationspolitik verantwortlichen Personen und Institutionen (alle politischen Parteien, die Polizei, die federale Instanz FEDASIL, die sich mit der “Aufnahme” der Asylbeantragenden beschäftigt und ihre “Selektion” vereinfacht, die öffentlichen Verkehrsmittel und die Dienste der sozialen Kontrolle wie das Gewerbeaufsichtsamt, die mit Razzien von Sans-Papiers kollaborieren). Während der vergangenen Monate sind diese Rädchen oft auf unterschiedliche Weise bedrängt, angegriffen und sabotiert worden. Nach gewissen Quellen fanden mehr als hundert solcher kleiner, bescheidenen und anonymen Aktionen gegen die Abschiebemaschinerie statt.

Die grosse Herausforderung dieses Kampfes ist es jetzt, eine Art und Weise zu finden, weiterhin vorwärts zu gehen, all jenen Mut zu geben, die die Deportationslager zerstören wollen. Die Stärke dieses Kampfes ist es, dass er einzig auf seine eigenen Kräfte zählt, ohne und gegen die politischen Parteien, ohne bei den Politikern oder Journalisten um Verständnis zu betteln. Er ist ein Kampf von unten und sein hauptsächliches Terrain ist die Strasse. Dieser Kampf soll ermöglichen, uns dort wiederzufinden, in der Strasse; die Revolte zu diskutieren und anzufachen, ob individuell oder kollektiv. Und so nähern wir uns Bisschen für Bisschen, Schritt für Schritt, dem, was wir wollen: Mit unseren eigenen Händen die Abschiebezentren niederzureissen, alle zu befreien und sommit von einer anderen Welt zu sprechen, einer Welt der Freiheit.

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